Biohof Roland Scharll

, von Ekkehart Schmidt












In Luxemburg ist die Nachfrage nach Produkten aus der Biolandwirtschaft eine der höchsten weltweit. Dieser Bedarf kann derzeit jedoch nicht aus einheimischer Produktion gedeckt werden, da die luxemburgische Biolandwirtschaft nur schleppende Zuwächse verzeichnet. Die Zahl landwirtschaftlichen Betriebe, die auf biologischen Anbau setzen, stieg in den vergangenen Jahren auf 119 gegenüber 88 im Jahr 2009. Bei den Ackerbauern kam es zu einem Zuwachs von 52 auf immerhin 62, bei den Gemüsegärtnern von 12 auf 16 und bei den Winzern von 5 auf 11. Die Agrarfläche, die im Großherzogtum für den Bioanbau genutzt wird, konnte bis 2014 jedoch nur von 2,75 auf 3,20 Prozent gesteigert werden.

Die Nachfrage ist da, aber das einheimische Angebot kann mit ihr offenbar nicht Schritt halten. Dies, obwohl sich die Verbraucher in Luxemburg einer Umfrage von TNS Ilres und Mouvement Ecologique zufolge über die Bedeutung einer saisonalen, regionalen und nachhaltig produzierten Ernährung sehr bewusst sind und zudem gewillt wären, für die Umstellung der traditionellen Landwirtschaft auf Biolandbau und zum Schutz von Wasser, Klima, Luft und Biodiversität höhere Preise zu zahlen. Es scheint daher andere Gründe zu geben, die umstellungsgewillte Bauern davon abhalten, ganz auf Bio zu setzen.

Nach Auffassung der Vereinigung Bio-Lëtzebuerg haben Biobauern im neuen Plan de développement rural (PDR) im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft mit erheblichen finanziellen Einbußen zu rechnen, obwohl die Bioprämie substanziell erhöht wurde. Grund hierfür ist, dass Fördermaßnahmen zur Erreichung verschiedener Ziele miteinander kombinierbar sind. In der Summe könnten konventionelle Landwirte so mehr Fördergelder aus den Programmen erhalten als Nutzer des Programms “Biologsicher Landbau”. Die Umstellung auf eine biologische Landwirtschaft bleibe ökonomisch nicht sinnvoll.

Einer der Biobauern der neuen Generation, die aus “ideologischen” und nicht aus ökonomischen Gründen umgestiegen sind, ist Roland Scharll. Neben 102 ha Grün- und Ackerland, auf dem Kartoffeln und Getreide angebaut werden, verfügt der bei Lellingen liegende Familienbetrieb über 130 Rinder, von denen 65 Milchkühe sind. Bis 2010 wurde der Hof konventionell betrieben, dann stellte Roland Scharll um auf BioLABEL. Seine Motivation war klar: “Wir betreiben eine biologische Landwirtschaft

weil wir mit der konventionellen Landwirtschaft in eine Sackgasse fahren und uns selbst abhängig von anderen machen.”

Roland Scharll nutzt so genannte "smart farming-Techniken", das heißt, er nutzt die Digitaltechnologie beispielsweise, um es seinen Kühen zu ermöglichen, eigenständig zu entscheiden, wann sie gemolken werden möchten.

Seiner Anfrage vom Februar, vier ab 2005 durch die BCEE erhaltene Kredite sowie eine Kreditlinie in alternative Kredite mit einer Zinsbonifikation umzuwandeln, wurde seitens etika im gleichen Monat entsprochen:

  • Beim ältesten dieser Kredite handelt es sich um einen 2005 zum Bau eines Stalls in ursprünglicher Höhe von 426.100 Euro vergebenen Kredit mit einer Laufzeit von 20 Jahren.
  • Dieser Stall musste 2011 an die strengen Bio-Normen angepasst warden. Dafür war ein zweiter Kredit in Höhe von 51.000 Euro und einer Laufzeit von ebenfalls 20 Jahren notwendig.
  • Auf dem Stalldach installierte Roland Scharll 2012 eine Photovoltaik-Anlage und

    erhielt dafür einen dritten Kredit in Höhe von 45.300 Euro bei einer Laufzeit von 5 Jahren.

  • Schliesslich investierte er Anfang 2013 in den Kauf einer Viehfutteranlage (Fotos re.) und nahm dafür einen vierten Kredit in Höhe von 146.800 Euro auf (Laufzeit 22 Jahre) auf.
  • Die seit 2005 gültige Kreditlinie von 50.000 Euro zur Finanzierung des Umlaufvermögens des Betriebes läuft nun – unter deutlich

    verbesserten Bedingungen – ebenfalls weiter.

Im Sommer 2016 hat Roland Scharll einen weiteren Investitionskredit in Höhe von 433.000 Euro mit einer Laufzeit von 15 Jahren für die Erweiterung des Kuhstalls und die Erneuerung der Melkanlagen durch den Kauf eines Melkroboters sowie den Ausbau der Gülle-Lagerbehälter erhalten. "Die Investition dient der Sicherung der Stabilität des Betriebes durch ein leichtes, konstantes und gesundes Wachstum", sagt Roland Scharll.

Trotz des Nationalen Aktionsplans zur Förderung des Biolandbaus und der hohen Nachfrage entsprechender Produkte auf Verbraucherseite wurden 2014 nur 4.200 Hektar Land nach den Kriterien des Biolandbaus bewirtschaftet (gegenüber 3.924 Hektar 2012). Der Anteil der Bio-Fläche beläuft sich auf nur 3,2%. Luxemburg liegt damit deutlich hinter anderen EU-Staaten wie Deutschland (6,2%) und Österreich (19,7%) zurück.

Gründe für die schleppende Umstellung auf die biologische Landwirtschaft liegen nach Auffassung des Netzwerks "Meng Landwirtschaft" vor allem im aktuellen Subventionssystem, in der konservativen Politik des Staates und der Bauernverbände sowie im mangelnden Bewusstsein der Bauern für eine moderne und nachhaltige Produktion. Zwar kann die EU-Agrarpolitik als ursächlich für das bestehende System angesehen werden, jedoch gibt es EU-Länder (Beispiel Österreich), die mit einer geringeren finanzieller Ausstattung bessere Programme für eine nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raumes erarbeiten konnten.

Die Milch des Hofes wird an die BIOG-Molkerei in Bascharage geliefert, einem ebenfalls von etika finanzierten Projekt (mehr dazu hier).

Kontakt: Roland Scharll, 3, op Hencksebreck, L-9760 Lellingen, Handy: 621 265 405,
rscharll@yahoo.de

Artikel vom 9. März 2015, zuletzt aktualisiert am 18. Oktober 2016