Etika info 08 - September 2000

, von Jean-Sébastien Zippert

A vos comptes, prêt, ouvrez ....

Pour Alterfinanz, l’Oekofoire constitue une occasion de choix pour se présenter au public et pour vous encourager à vous rallier au courant toujours plus fort de ceux qui, allant au-delà d’une critique d’ordre générale des mécanismes financiers, ont pour souci que leur épargne soit utilisée d’une manière compatible avec leurs préoccupations dans le domaine social, écologique et de solidarité avec le Tiers Monde.
Alors que Alterfinanz réfléchit actuellement à la mise en place d’autres mécanismes d’épargne alternatifs, et en particulier à celle d’un fonds d’investissement privilégiant des prises de participation à caractère social et écologique, le Compte Epargne Alternative, lancé il y a d’ici plus de trois ans en coopération avec la Banque et Caisse d’Epargne de l’Etat, reste pour l’instant la principale réalisation de notre association.
Dans ce numéro spécial d’Alterfinanz Info, vous trouverez plein d’informations sur le fonctionnement et le développement du mécanisme ainsi que sur des projets qu’il a permis de financer et sur ceux qui les mettent en oeuvre. Si vous souhaitez prendre connaissance de la liste complète des 57 projets actuellement en cours de financement, nous vous remettrons volontiers notre dernier rapport annuel et les éditions d’Alterfinanz Info parues depuis lors. Tous ces documents sont à votre disposition sur notre stand à l’Oekofoire, ou en nous contactant à l’adresse de notre bureau.
Le tout, bien sûr, dans l’espoir de vous voir ouvrir un Compte Epargne Alternative, mettant ainsi votre épargne en accord avec vos idées.

Marc Elvinger
Président d’Alterfinanz

Entdecken durch Erleben:

20 Jahre biologisch-dynamische Landwirtschaft auf dem Schanck-Haff

Der Schanck-Haff in Hupperdange ist eines der ersten Projekte, die im Februar 1998 in den Genuss des Kreditmechanismus von Alterfinanz gekommen sind. Die Kredite beziehen sich z.B. auf die Installation einer Käserei, einer Gemüseanlage oder den Ausbau der Scheune. Zum Schanck-Haff gehört auch die BIOG-Hofkäserei mit dem bekannten luxemburgischen Demeter-Käse «Hëpperdanger». Wir sprachen mit dem Verantwortlichen Jos Schanck.
AL: Wann wurde Ihr Betrieb umgestellt?
Jos Schanck (JS): Die ersten Umstellungsideen wurden 1978 entwickelt. 1979 wurde die erste Hälfe der Felder umgestellt, 1980 der Rest. Seitdem wurden keine chemisch-genetischen Düngemittel mehr eingesetzt.
AL: Warum stellten Sie den bis dahin konventionell bewirtschafteten Betrieb um?
JS: Anfang der 60er Jahre wurde der sog. Mansholdplan von der EU herausgegeben. Es war ein Programm zur Zukunft der Landwirtschaft. Ziel der Landwirtschaft nach diesem Plan sollte es sein, dass sowenig Bauernbetriebe wie möglich eine hohe Produktion erbringen sollten. Er hatte ungefähr folgenden Tenor: ein Bauer sollte entweder 100 Milchkühe oder 300 Mastbullen oder 200-300 ha Acker haben. Dadurch sollte eine Versorgung mit billigen Nahrungsmitteln erreicht werden. Die freiwerdenden Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft sollten in die Industrie herüberwechseln. Dieses EU-Programm konnte unserer Einschätzung nach jedoch nur mit viel Chemie und einer enormen Technik funktionieren und legte den Grundstein für die heutige Industrielandwirtschaft. Die Natur und Landschaftskultur hatten das Nachsehen. So suchten wir nach zukunftsweisenden Alternativen und stießen auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise, die unserer Meinung nach dem Ganzen am besten gerecht wird.
AL: Was ist der Leitgedanke der biologisch-dynamischen Landwirtschaft?
JS: Der Leitgedanke ist das Wirtschaften im Einklang mit der Natur. In diesem Sinne erweist sich die biologisch-dynamische Landwirtschaft als aktiver Umweltschutz. Dabei wird der Betrieb mit dem Menschen, dem Boden, den Pflanzen und Tieren als ein vielseitiges Ganzes, d.h. als eine Art Organismus verstanden. Zu den Grundprinzipien gehört, dass weder chemischer Dünger noch Herbizide oder Pestizide eingesetzt werden. Die Bodenfruchtbarkeit und Nährstoffkreisläufe sollen erhalten bleiben, ohne Monokultur und Massentierhaltung.
Deshalb werden im unserem Betrieb nur so viele Tiere gehalten, wie wir aus eigenen Beständen füttern; und Mist und Jauche ohne Schaden für Boden und Wasser als Dünger verwenden können. Die Fütterung der Tiere mit ökologisch erzeugtem Futter von unseren eigenen Futter-flächen ist selbstverständlich. Nur so sind hochwertige Milch- und Fleischprodukte in einer Qualität möglich, die den hohen Ansprüchen von «Demeter», dem Gütesiegel der biologisch-dynamischen Erzeugung gerecht werden. Diese Richtlinien sichern eine artgerechte Tierhaltung, die Fütterung der Tiere mit ökologisch erzeugtem Futter und eine produktgerechte Verarbeitung ohne synthetische Zusatzstoffe. Die Produkte sind ohne Kunstdünger, Pestizide sowie ohne Gentechnik hergestellt.
AL: Wie wird die Unkrautregulierung auf den Feldern praktiziert?
JS: Auf dem Feld wird die Beikrautregulierung mechanisch vollzogen. Hacke und Striegel werden gezielt eingesetzt, sodass auf jegliche Chemikalien verzichtet werden kann. Die Möhren werden durch eine spezielle Abflammtechnik im jungen Stadium sauber gehalten. Zu einem späteren Zeitpunkt wird gehackt oder eine Bürstenmaschine eingesetzt.
AL: Welche Produkte werden auf dem Hof angebaut oder hergestellt?
Direkte Verkaufsfrüchte sind Kartoffeln, Möhren, Zwiebeln, Kohl, Weizen, Roggen und Dinkel. Veredlungsprodukte sind Brot, Wurst, Käse, Sauerkraut.
AL.: Wie werden die Produke vermarktet?
10% über unseren Hofladen, der Rest über Biog, die Biobauerngenossenschaft. In Zusammenarbeit mit dem Naturkostladen NATURATA bietet der Laden auch Bio- und Demeter-Produkte an, die nicht aus unserer eigener Produktion stammen.
AL: Wieviele Personen arbeiten auf ihrem Hof?
JS: Insgesamt sind das sechs Personen.
AL: Wie sehen Sie die Zukunft des Schanck-Haffs und die der biologischen Landwirtschaft in Luxembourg?
JS: Durch die biologisch-dynamische Anbauweise hat man ein Ganzheitskonzept für alle praktischen Bereiche des Betriebes, die in die Zukunft führen, wie z.B. die nachhaltige Wirtschaftsweise, das Saatgut zu erhalten, für Fruchtfolge zu sorgen, Hecken anzubauen oder eben keinen chemischen Dünger zu verwenden.

AL: Wir danken für das Gespräch!

Besuch des Kreditkomitees beim »Wandpark Gemeng Hengescht»

Auf die Kraft des Windes setzen

An einem für diesen Sommer typisch kalten und windigen Tag im Juli besichtigten einige Mitglieder des Kreditkomitees den Windpark Gemeng Hengescht im Norden Luxemburgs. Der Bau von elf Windkraftanlagen des Typs N E G Micon NM 600-150/48 wurde von Alterfinanz im September 1998 mit 20 Millionen in den Kreditmechanismus integriert (10 Millionen LUF auf 15 Jahre und 10 Millionen LUF auf ein Jahr, erneuerbar).
Inzwischen stehen drei geräusch-arme und netzfreundliche Windmühlen zu je 600 kW und fünf zu je 1000 kW auf den »Koppen». Die jährlich erzeugte Energie der acht Windkraftanlagen entspricht dem Verbrauch von ungefähr 3400 Haushalten (=4000 KWh/Haushalt) und circa 0,4% des gesamten Energieverbrauchs im öffentlichen Stromversorgungsnetz. Im Frühjahr 2001 soll der Windpark durch drei weitere Anlagen vervollständigt werden. Angefangen hatte alles, so erzählte uns Änder Schanck, Mitbegründer der im Frühjahr 1995 gegründeten Gesellschaft «Hëpperdanger Wandenergie», mit Windmessungen der Energie-Agentur Luxemburg. Diese bestätigten, dass hier ein sehr günstiger Standort für die Windenergienutzung ist. Schon damals errechnete die CEGEDEL für die Gemeinde Heinerscheid einen Gesamtstromverbrauch von 3.75 Millionen KWh, der bereits mit 4 Windkrafträdern à 500 KWh gedeckt werden könnte.
«Daher haben wir uns ausführlich mit den Betreibern des großen Windparks in Koxhausen in der nahgelegenen Westeifel, unterhalten, um auch aus ihren Erfahrungen zu lernen», so Änder Schanck weiter. »Wir kamen schnell zur Einsicht, dass der Bau und die Betreibung solcher Anlagen auch von und mit Menschen aus unserer Region betrieben werden können. In diesem Sinne ist die Windenergiegewinnung sehr geeignet, einen Beitrag zu leisten in Richtung Dezentralisation der Stromgewinnng überhaupt. Was nicht heißen will, dass die Region auf das öffentliche Netz verzichten kann».
Da sich noch weitere Interessenten für die Errichtung von Windrädern gemeldet hatten, kam es 1998 vor allem aufgrund der Vermittlung des Bürgermeisters der Gemeinde Heinerscheid zur Gründung des Wandparks Gemeng Hengescht s.a. Innerhalb dieser Aktiengesellschaft hält diewWandenergie s.à.r.l. 25% des Aktienkapitals, die Gemeinde 22,5%, die Cegedel und die SEO jeweils 20%, Wand a Wasser 10% sowie die Agence de l’Energie 2,5%. Sobald die Grössenordnung für die Finanzierung der letzten Bauphase festliegt, wird die Gemeinde 20% des Aktienkapitals an die Einwohner der Gemeinde verkaufen, so dass diese sich auch direkt an der Erzeugung umweltfreundlichen Windstroms beteiligen können.

Polygone: Création d’emplois pour des chômeurs

Polygone est une entreprise d’insertion qui crée des emplois pour des demandeurs d’emploi difficiles à placer (surtout des jeunes de moins de 30 ans) depuis 1996. La société travaille dans les secteurs du déblayage et du nettoyage de chantiers, des services annexes à la construction (location de toilettes mobiles, de conteneurs à déchets) et de la vente/location de toutes sortes de clôtures.
Polygone est le premier élément de la «structure d’encadrement socio-économique» d’Inter-Actions (suivi social) Polygone vise l’insertion de demandeurs d’emploi sur le «premier marché de l’emploi» ceci sans recourir à des subventions publiques.
La société emploie 85 ouvriers dont 25 chefs d’équipe engagés à durée indéterminée et une soixantaine de manoeuvres engagés à durée déterminée.
Polygone a élargi son parc roulant par deux camionettes d’occasion et une remorque. L’achat de ces camionnettes évite une location onéreuse et cet achat ne peut être financé par leasing. Alterfinanz a accordé un crédit de LUF 625.652,- sur 2 ans parce que Polygone constitue une expérience exemplaire dans le domaine social.

Pflanzenkläranlagen im Weinbau

Das Familienunternehmen Kox in Remich modernisiert und vergrössert seinen Weinbaubetrieb an der Mosel mit dem Ziel, u.a. den Ausstoß von CO2 zu reduzieren und alternativ Wärme zu erzeugen.
Die notwendigen Investitionskosten von 3 Millionen LUF sind von Alterfinanz aufgrund des ökologischen Pilotcharakters im Winzerei-Bereich genehmigt worden für drei Bereiche:
1. Pflanzenkläranlage
2. Mini-Blockkraftheizwerk
3. Dachbegrünung
Pflanzenkläranlage: Abwässer aus Weinbaubetrieben und der Kellerei erfordern aufgrund ihrer besonderen Zusammensetzung an organischen Inhaltsstoffen und typisch niedrigen pH-Werten häufig eine Vorbehandlung, sollen Beeinträchtigungen der öffentlichen Kanalisation vermieden werden. Mit Hilfe einer Pflanzenkläranlage werden bei der mechanischen Vorreinigung Grobstoffe wie z.B. Tester, Kieselgur und Erdreste aus dem Abwasser abgefangen. In der biologischen Klärstufe, der eigentlichen Pflanzenkläranlage, werden die im Wasser gelösten Verunreinigungen durch Sumpfpflanzen und Mikroorganismen entfernt.

Blockkraftheizwerk: eine Heizung, die auch Strom erzeugt
Diese sogenannte «Kraft-Wärme-Box» im Waschmaschinenformat erzeugt sowohl Strom als auch Wärme und arbeitet mit Erdgas, Flüssiggas oder Heizöl als Primär-energie. Die Wärme, die dabei anfällt, kann dem Heiz-oder Brauchwasser-System zugeführt werden.

Dachbegrünung: Hierfür sprechen viele ökologische Gründe, wie z.B. die Schaffung von zusätzlichem Lebensraum für Flora und Fauna. Daneben hat sie auch eine ganze Reihe von bauphysikalischen und gestalterischen Vorteilen. Gerade bei Flachdachbauten sind sie von der Ästhetik her ansprechender als allgemein übliche Kiesdächer. Ohne Zweifel wird die Lebensdauer der Dachhaut bei fachgerechter Installation der Begrünung verlängert.

Energie aus Biogas

Wichtigste Entscheidungsgründe für den Bau von Biogasanlagen sind die Erzeugung regenerativer Energien, die Reduzierung von Gerüchen, die Verbesserung der Umweltverträglichkeit organischer Stickstoff-dünger, die Verwertung organischer Reststoffe und die Entsorgung von häuslichen Abwässern.
So hat sich auch der 146 ha große konventionelle Landwirtschaftsbetrieb Buchholzerhaff Mangen - Ruppert aus Flaxweiler mit einer Viehaufzucht von 360 Tieren zu einer Biogasanlage entschlossen. Unterstützt wurden sie dabei freilich durch öffentliche Mittel von 50 - 70% der gesamten Investitionskosten (10 Millionen LUF) und einem Kredit bei Alterfinanz, zum Teil als Überbrückungskredit.
Neben anfallender Gülle und Mist wird der Betrieb in Zukunft auch Mais für die Beschickung der Biogasanlage anbauen.
Der dabei anfallende Strom - nach einer Berechnung sind das jährlich 681.820 Kwh - wird in das elektrische Netz eingespeist. Wichtig zur Beurteilung der anfallenden Exkrementenmenge ist die sogenannte Großvieheinheit (GVE), die Auskunft über die Tierbesatzdichte eines Betriebes gibt, d.h. 500 kg Tier = 1 GVE. Der Buchholzerhaff produziert 1,88 GVE pro Hektar und Jahr. Laut Alterfinanz-Richtlinien darf ein Betrieb maximal 2 GVE/ha aufweisen.

Kriterien bei Biogasanlagen

Allgemein befürwortet Alterfinanz den Bau von Biogasanlagen aufgrund positiver ökologischer Aspekte. Allerdings muss neben dem Aspekt «alternative Energie» auch dem landwirtschaftlichen Betrieb an sich Rechnung getragen werden, da Biogasanlagen integraler Bestandteil des landwirtschaftlichen Produktionsablaufes sind.

Bei rein landwirtschaftlichen Projekten sollen nur solche des biologischen Landbaus unterstützt werden. Da bei Biogasanlagen aber auch der Bereich «alternative Energie» berücksichtigt werden muss, werden einige Richtwerte für die Beurteilung von landwirtschaftlichen Betrieben festgehalten, die die Betriebe erfüllen müssen.

 Anfallende Gülle/Festmist weniger als 30m3/ Jahr/ha (bei ganzjähriger Stallhaltung).

 Zu vergärendes Material, daß von anderen Betrieben importiert wird, darf nicht im eigenen Betrieb verwendet werden

 Zuschlagsstoffe (Prozessbeschleuniger) für die Biogasanlage dürfen keine toxischen Wirkungen auf Boden und Umwelt haben.

 Jährlich ausgebrachte Stickstoffmenge soll kleiner als 165 kg N/ha sein (N Dünger aus Biogas und zugekauft).

Das Kreditkomitee von Alterfinanz

... gespartes Geld hat ein enormes Potential ...

Bei Alterfinanz ist das Kreditkomitee dafür zuständig, ökologisch, sozial oder kulturel besonders sinnvolle Projekte auszuwählen, die in den Genuss eines verbilligten Kredits kommen können. Alle vergebenen Kredite samt Projektbeschreibung werden regelmässig in Info-blatt von Alterfinanz veröffentlicht.
Wir haben uns mit Mike Mathias über die Arbeitsweise des Kreditkomitees unterhalten.

AI: Das Kreditkomitee von Alterfinanz prüft Kreditanfragen auf ihre ökologische und soziale Tauglichkeit hin. Wie macht ihr das?
Mike Mathias: Der Mechanismus besteht einerseits aus dem Sparkonto und andererseits der Kreditvergabe. Drei Komponenten sind charakteristisch für das Alternative Sparkonto: Zuerst die Transparenz, das heißt, die Nutzer erhalten sämtliche Informationen und wissen genau, in welche Projekte das gesparte Geld invest-iert wird. Darüberhinaus wissen sie auch, daß bei Alterfinanz das Geld nur in sinnvolle Projekte fließt. Um das heraus zu finden, hat sich Alterfinanz einen ausgefeilten Kriterienkatalog erarbeitet. Das wäre das zweite Merkmal. Das dritte ist die Solidarität: die SparerInnen verzichten zur Zeit auf 1,5% ihrer Zinsen zugunsten der Kreditnehmer.
Gespartes Geld hat ein enormes Potential, ohne Spareinlagen kann unsere Wirtschaft nicht funktionieren, denn alle größeren Investitionen müssen durch Kredite finanziert werden. Es liegt an uns Sparern ob mit den angesparten Millionen Sinnvolles zustande kommt oder nicht, denn wir können bestimmen, wo wir unser Geld reininvestieren.
In unserem Fall ist es das Sparguthaben auf den Alternativen Sparkonten. Diese Summe kann zu 90% an alternative Projekte verliehen werden. 10% müssen zur Verfügung stehen bleiben, um den Kunden zu ermöglichen, zu jeder Zeit ihr Geld wieder abzuheben.
AI: Wie setzt sich das Komitee zusammen und wie verläuft die Auswahl der Projekte konkret?
MM: Das Kreditkomitee besteht aus sechs gewählten Mitgliedern. Davon sind jeweils zwei aufgrund ihrer besonderen Sachkenntnis zuständig für einen der drei Tätigkeitsbereiche Ökologie, Soziales/Kultur und Internationale Solidarität. Das sind für den Sektor Ökologie: Doris Bauer und Adri von Westerop; für den Sektor Soziales/Kultur: Nico Bemtgen und Fabienne Steffen und Gaston Kemp sowie ich selber für den Sektor Internationale Solidarität. Es ist unsere Aufgabe entsprechende Kreditanfragen inhaltlich zu prüfen, öfters besuchen wir dafür die Projekte auch vor Ort, um uns ein vollständigeres Bild zu machen.
Wir kommen einmal im Monat zusammen. Wir präsentieren dem Komitee unsere Einschätzung bezüglich der verschiedenen Projekte und diskutieren diese entlang eines Evaluierungsbogens. Dabei arbeitet Alterfinanz unabhängig von der Bank.
Kommen aufgrund der Alterfinanz-Kriterien Projekte in Frage, macht die Sparkasse bei den Projekten ihre Solvabilitätsprüfung und vergibt dann die Kredite zum verbilligten Zinssatz. Die Sparkasse ist nach wie vor für die wirtschaftliche Prüfung eines Kredits verantwortlich.
Die Projektdaten werden für die SparerInnen in dem regelmässig erscheinenden Alterfinanz-Info dokumentiert.
AI: Die Kriterien für die Projektauswahl sehen vor, dass die finanzierten Vorhaben die Menschenrechte wahren und achten müssen, insbesondere politische Rechte, das Recht auf Arbeit, auf Wohnung, auf Ausbildung, auf kulturellen Ausdruck, auf Familie usw. sowie die nachhaltige Entwicklung fördern sollen. Während eines Alterfinanz-Seminares wurden 1998 weitere Kriterien aufgestellt. Kannst du uns einige nennen?
MM: Eigentlich wurden keine neuen Kriterien aufgestellt, sondern es wurde eher das Prüfungsverfahren verfeinert. Anfangs hatten wir etwa 10 Regeln nach denen wir die Projekte analysiert haben. Anschliessend haben wir die verschiedenen Problemkreise genauer definiert: das Projekt als solches, der Antragsteller, seine Stellung in dem jeweiligen Sektor, seine Aktivitäten in anderen Sektoren, usw. Die verschiedenen Bereiche wurden gewichtet und gesonderte Kriterien ausgearbeitet.
So sollten beispielsweise Projekte der Landwirtschaft auf jeden Fall aus dem biologischen Landbau kommen. Wenn jedoch ein Bauer eine Windmühle betreibt, hat das eigentlich nichts mit seinem Betrieb zu tun und seine landwirtschaftliche Aktivität wird also anders berücksichtigt, wie bei einem Bauern, der einen neuen Stall baut. Dasselbe gilt bei Projekten, die die Aufwertung des ländlichen Raumes zum Ziele haben.
AI: Kommt es auch vor, dass Projekte abgelehnt wurden?
MM: Das ist eher selten der Fall, da die meisten Leute wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie bei Alterfinanz einen Kredit beantragen. Trotzdem ist das auch schon vorgekommen.
AI: Wie interveniert denn die Sparkasse bei der Kreditvergabe?
MM: Projekte, die in den Genuss des verbilligten Kredites kommen wollen, müssen von der Sparkasse, die das finanzielle Risiko trägt, genehmigt sein. In der Regel haben die meisten Kreditanfragen schon von der Sparkasse grünes Licht bekommen. In der letzten Zeit kommen übrigens immer öfter Anfragen, die von den Zweigstellen der Bank direkt an uns verwiesen werden. Das zeigt, daß wenigstens der Kreditbereich dem Personal der Sparkasse bekannt ist und damit gearbeitet wird.
Allerdings können bei uns auch Einzelpersonen einen Kreditantrag stellen, z.B. zur Schaffung eines Arbeitsplatzes. In dem Fall bieten wir in einem abgesteckten Rahmen eine persönliche Betreuung an. Das führt zwar nicht immer zum Abschluss eines Kreditvertrages, aber es ist auf jeden Fall eine Hilfe. Wir wollen natürlich auch eine Überschuldung der Bankkunden verhindern und so kommt es vor, daß wir von Projekten abraten, die uns zu gewagt erscheinen.
AI: Wie steht es denn mit dem Garantiefonds von Alterfinanz?
MM: Zur Zeit sind in diesem Fonds 3,1 Millionen LUF. Diese stammen aus den Zinserträgen, die nicht an die Sparer geflossen sind (Zinsverzicht) und auch nicht an Kreditnehmer weitergeleitet werden konnten. Allerdings hat sich Alterfinanz aus Sicherheitsgründen sehr restriktive Regeln gegeben, um diesen Fonds zu verwalten, so daß bis jetzt noch keine Garantie zur Verfügung gestellt werden konnte. Das liegt unserer Meinung zwar auch an dem übertriebenen Sicherheitsdenken der Bank.
AI: Der Anspruch von Alterfinanz war von Anfang an, solche Initiativen zu unterstützen, die wahrscheinlich sonst keinen Kredit von einer Bank erhalten. Welche Erfahrungen habt Ihr mit diesem Ziel gemacht?
MM: Nun ja, ? Es hat sich als sehr schwierig herausgestellt, einen derart großen Betrieb wie die Sparkasse dazu zu bringen, auch eher kleinere Risiken zu übernehmen. Unser Ziel war es besonders kleinere Projekte zu unterstützen, die eben auch Arbeitsplätze schaffen. Unser großes Vorbild war hierbei der «Crédal» in Belgien, der, sicherlich unter ganz anderen Voraussetzungen, Einzelpersonen und Vereinigungen, die sich selbstständig machen, mit Krediten unterstützt. Die Risiken, die die Bank dabei zu tragen hat, sind natürlich ungleich größer als bei etablierten Betrieben. Ich muss allerdings fairerweise hinzufügen, daß es in Luxemburg einige große Betriebe gibt, die im Bereich der Langzeit-Arbeitslosen sehr erfolgreich arbeiten und absolut kreditwürdig sind. Ich denke da beispielsweise an co-labor und Inter-Actions. Hinzu kommen in vielen Fällen großzügige öffentliche Subsidien. Es hat sich also herausgestellt, daß der Finanzbedarf ein anderer ist, als wir zu Anfangs gedacht haben.
AI: Habt Ihr die Erfahrung gemacht, dass die Bank ein Projekt abgelehnt hat und Ihr von Alterfinanz interveniert seid?
MM: Ja sicher. Manchmal sogar mit Erfolg. Als wir die ersten Anfragen für Windmühlen auf dem Tisch liegen hatten, forderte die Sparkasse derart hohe Garantien, dass die Kreditnehmer ablehnten und zu einer anderen Bank gehen wollten. Es ist uns dann gelungen, durch die Vermittlung einer deutschen alternativen Bank, die seit längerem in diesem Geschäft tätig ist, die Sparkasse zu überzeugen auf deutsche Erfahrungswerte bei der Rentabilitätsbewertung zurückzugreifen. Auf diese Weise konnten die Garantieansprüche der Sparkasse deutlich gesenkt werden und das Geschäft kam zustande.
Die Zusammenarbeit mit der Sparkasse beruht darauf, daß wir in diesen «neuen alternativen» Sektoren einen Informationsvorspung haben, den der Bank fehlt. Alternative Energien, Dritte Welt Projekte und soziale Projekte gehören nicht zum klassischen Bereich der Sparkasse und es fehlen ihr die Erfahrungswerte zur Bewertung. Die können wir meistens liefern und damit die Sachbearbeiter überzeugen.
AI: Aus der Graphik im Kapitel «Evolution du mécanisme» wird ersichtlich, dass der größte Teil der Spargelder in den Bereich Ökologie geflossen ist, etwas weniger in den Sektor Soziales; noch weniger in den Dritte-Welt-Sektor. Woran liegt diese Unausgewogenheit?
MM: Das spiegelt sicherlich die Nachfrage nach Krediten für den Sektor Ökologie wider. Im Bereich der erneuerbaren Energien war die Nachfrage hoch, besonders im Bereich der Windmühlen (4 Projekte mit 16 Windrädern, Installation von Biogas (2 Projekte) und die Renovierung von Wassermühlen zur Stromerzeugung (5 Projekte). Mittlerweile haben wir hier die Bremse gezogen und zumindest im Windenergiebereich werden wir demnächst wohl keine neuen Projekte mehr annehmen.
Ähnliches gilt für die biologisch-dynamische Landwirtschaft und deren Vermarktung. Im letzten Jahr hingegen haben wir ein stärkeres Anwachsen im Sozialsektor festgestellt, besonders bei Vorhaben zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt, obwohl der Staat Sozialprojekte vielfach direkt unterstützt.
Nach wie vor möchten wir mehr in Nord-Süd-Projekte investieren. Immer noch erweist sich das als sehr schwierig. Da wir in Luxemburg eine sehr niedrige Inflationsrate haben und deswegen auch niedrige Zinsen, so sind in den Dritte-Welt-Ökonomien Zinssätze bis zu 50% oder noch mehr keine Seltenheit. Daher ist dann die Inflation auch in etwa dementsprechend. Es ist also schwierig, Kredite von einer Geldsphäre in die andere zu vergeben, denn Kredite müssten in diesem Fall in unserer Landeswährung zurückgezahlt werden. Wir haben jetzt an eine Bauernorganisation aus dem Benin einen Kredit vergeben, die ihren dörflichen Spar- und Kreditfonds verstärken wollen, um dadurch die berufliche Selbständigkeit speziell von Frauen zu unterstützten. Das ist schon eine verrückte Konstruktion: Da die Sparkasse den Kreditvertrag nicht direkt mit der afrikanischen Organisation machen wollte, haben zwei ONG eine Bankgarantie hinterlegt zusätzlich einer entsprechenden Kofinanzierung seitens des Kooperations-Ministeriums. Eigentlich hätten die ONG den Kredit auch direkt vergeben können. Aber es ging uns hierbei auch darum, einen Präzedenzfall zu schaffen. Auf diese Weise wollen wir die Bank langsam an derartige Projekte heranführen.
AI: Im Moment ist das Budget für Kredite nicht ganz ausgeschöpft. Kann es sein, dass es jetzt keinen dringenden Kreditbedarf seitens der «économie sociale» gibt.
MM: Vor einem Jahr war das noch ganz anders. Da mussten wir diverse Kredite zurechtstutzen, da uns sonst mittelfristig das Geld ausgegangen wäre. Es ist also ein Auf und Ab. Der Luxemburger Markt ist zwar eher klein, aber trotzdem schwer abzuschätzen. Viel hängt auch davon ab, wie schnell Subventionen aus Brüssel fließen, denn einige unserer Projekte sind Über- brückungskredite. Insgesamt muss ich allerdings auch sagen, daß Alterfinanz im internationalen Vergleich eine sehr hohe Kreditvergaberate hat. Vergleichbare Projekte im Ausland erreichen nicht einmal die Hälfte von unserer derzeitigen Rate.
AI: Was geschieht im umgekehrten Fall, wenn mehr Kreditanfragen kommen als gespartes Geld zur Verfügung steht?
MM: Erfahrungen im Ausland zeigen, dass die alternativen Sparmechanismen mehr Zulauf an Sparern haben als Absatzmöglichkeiten.
Wenn es doch an Kapital fehlen sollte, dann kann ein Projekt auch einen Teilkredit erhalten, und den notwendigen Rest auf dem normalen Kapitalmarkt leihen.
AI: Welche Visionen haben Sie für die weitere Arbeit des Komitees?
MM: Wir wollen unsere Arbeit der Projektauswahl und die Evalu-ierung professionel fortführen, dazu gehört u.a. auch über den Verlauf der Projektarbeiten in der Presse zu berichten, sowie für neue Projektinitiativen werben.
AI: Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Barbara Gemnich.