Etika info 21 - September 2006

, von Jean-Sébastien Zippert

Liebe solidarische Sparerinnen und Sparer,

wir freuen uns Ihnen mit dieser Ausgabe von etika info wieder einmal von einigen interessante Neuigkeiten zu berichten zu können. So konnte etika und die BCEE einem neuen Bio-Grosshändler einen Kredit einräumen, der gerade erst seinen Betrieb aufgenommen hat. Besonders innovativ ist seine Geschäftsidee schon auch deshalb, weil er als erster einen vollständig biologischen Catering-Service für Schulen- und Firmenkantinen anbietet. Darüber hinaus wurde der Action Solidarité Tiers Monde (ASTM) ein Überbrückungskredit aus Eigenmitteln von etika eingeräumt, der mittlerweile auch schon wieder zurückgezahlt ist.
Darüber hinaus werden Sie in dieser Ausgabe wie immer Artikel finden, die sich analytisch mit Themen der alternativen Finanzierung auseinandersetzen.
Auch dieses Jahr wieder, wird etika und die BCEE mit einem Stand auf der Oekofoire sein, die vom 15. bis 17. September auf dem Kirchberg in Luxemburg stattfinden wird. In diesem Jahr wird die Kooperative Co-labor unseren Stand gemeinsam mit etika animieren. Wir laden Sie ein uns zu besuchen und an den verschiedenen Veranstaltungen und Wettbewerben teilzunehmen. Mit dieser Ausgabe von etika info erhalten Sie auch eine Einladung.
Schliesslich freuen wir uns auch Ihnen ankündigen zu können, dass wir in Kürze einen Ratgeber zu ethischen Investmentfonds herausgeben werden, der Anlegern eine Orientierungshilfe geben soll, wie sie ihr Geld am besten im Einklang mit ihren Überzeugungen anlegen können.

Stefan König

Neue Kredite

Neuer Bio-Grosshändler in Luxemburg

Mit einem Kredit über 40.000 Euro und einer Laufzeit von 10 Jahren beteiligen sich etika und die BCEE an der Finanzierung eines neuen Bio-Grosshändlers und Produzenten in Luxemburg. Die Empfängerin ist die Biofriend s.a.r.l. aus Beesslek, die von Vincent Douwes und seiner Ehefrau geführt wird.
Das Unternehmen verfolgt dabei zwei Ziele. Auf der einen Seite betreibt es die Vermarktung und den Verkauf als Grosshändler von Produkten des biologischen Landbaus (mit dem Gütesiegel »Biolabel“) sowie des fairen Handels (Gütesiegel »FairTrade“), und auf der anderen Seite investiert es einen Teil des Gewinns in ein Beweidungsprojekt mit Ziegen, mit dem Ziel der Renaturierung einer Parzelle.
Die Originalität von Biofriend besteht unter anderem darin, dass das Unternehmen einen Catering-Service anbieten will. Mit dieser Vertriebsart möchte Biofriend eine Nische auf dem Luxemburger Markt besetzen. Der Grosshändler beabsichtigt sowohl Firmen- wie auch Schulkantinen und Seniorenheime mit Bioprodukten zu beliefern. Da der klassische Catering-Service in diesen Institutionen gut etabliert ist, hofft Biofriend einen Teil dieses Marktes für sich erobern zu können, indem er die bereits bestehende Produktpalette um Bioprodukte erweitert.
Biofriend hat seine Geschäftstätigkeit Anfang September aufgenommen. Gegenwärtig bietet das Unternehmen hauptsächlich solche Produkte an, die sich leicht im Kühl- oder Gefrierschrank lagern lassen, wie zum Beispiel Brot, Geflügel- oder Rindfleisch. Andere Produkte, wie Frischmilch sollten in einem nächsten Schritt angeboten werden.
Über seine Tätigkeit als Vermarkter von Bioprodukten hinaus, reinvestiert Biofriend einen Teil seines Gewinns in die Renaturierung einer drei Hektar grossen Parzelle in Rodershausen im Our-Tal. Dies hat den Kreditausschuss von etika zusätzlich davon überzeugt dem Projekt grünes Licht zu geben.
Gut zwei Duzend Ziegen grasen auf dem Grundstück. Diese Art der Beweidung hat eine lange Tradition in den Luxemburger Ardennen, wurde aber im Laufe der Jahre immer mehr aufgegeben. Dies hatte zur Folge, dass eine wilde Verbuschung eingesetzt hatte.
Um dieser Entwicklung zumindest begrenzt einhalt zu gebieten, wurde das Geessenprojet gestartet, welches es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Böden mit der Ziegenzucht zu renaturieren.
Dabei wird ein starkes Augenmerk darauf gerichtet, dass die Beweidung extensiv und ohne Einsatz von Kunstdünger bleibt. Dies dient dazu Flora und Fauna zu schützen, vor allem seltengewordene Arten, wie die Schlüsselblume und die Orchidee.
Die Ziegenzucht hält sich strikt an die Kriterien der nachhaltigen Landwirtschaft. Das Fleisch der Tiere wird ebenfalls vermarktet.
Dieses Projekt der Wiederbelebung des ländlichen Raumes durch Ziegenherden wird u.a. durch die Stiftung »Hëllef dir d’Natur“ unterstützt, die bereits 1999 durch einen Kredit für den Bau einer biologischen Viez-Produktionsanlage in Hostitin in der Tschechischen Republik von etika und der BCEE mitfinanziert wurde.

Neue Kredite

Überbrückungskredit für Entwicklungshilfe

Etika hat aus Eigenmitteln der Entwicklungshilfeorganisation Action Solidarité Tiers-Monde (ASTM) einen Überbrückungskredit gewährt. Dieser kurzfristige Kredit war notwendig geworden, um einen kontinuierlichen Finanzierungsfluss für Entwicklungshilfeprojekte von Partnerorganisationen der ASTM in Afrika, Asien, Lateinamerika oder im Mittleren Osten sicherzustellen, in Erwartung der Gelder aus dem Entwicklungshilfeministerium. Nachdem diese eingegangen waren, wurde der Kredit bereits auch wieder zurückgezahlt.
Die ASTM asbl ist eine der ältesten Entwicklungshilfeorganisationen Luxemburg. Sie wurde 1969 mit dem Ziel gegründet, die Lebensumstände der Ärmsten der Armen in den weniger entwickelten Gegenden unserer Welt zu verbessern. Dies soll durch politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Emanzipation der betroffenen Menschen und Gruppen erreicht werden.
So unterhält die ASTM beispielsweise ein Zentrum für Landwirtschaft und Viehzucht im Togo, dessen Ziel es ist die Lebensumstände der Menschen durch Landbau und einer Neuorganisation ländlichen Lebens zu verbessern, immer jedoch mit einem Augenmerk auf den Schutz traditioneller Werte der lokalen Bevölkerung.
Die Vereinigung ist auch Partner des Projekts Takku Liggééy, zu deutsch: »schnallen wir den Gürtel enger und arbeiten“ im Senegal, die ausschliesslich von Frauen gegründet wurde, die sich dazu entschlossen hatten ihre eigene Fortentwicklung selbst in die Hand zu nehmen. Angefangen haben sie 1991 mit 71 Mitgliedern. Mittlerweile ist ihre Zahl auf über 500 gestiegen. Zudem haben die Frauen seither auch Lesen und Schreiben gelernt und sich die Techniken von Landbau und Viehzucht angeeignet. Die Einkommen sind gestiegen und die Krankheitsraten zurückgegangen.

Illustration: Die Frauen von Takku Liggééy sind stolz auf das von ihnen Erreichte.

In Burkina Faso unterstützt ASTM ein Projekt ökologischen Gemüseanbaus. Ziel des burkinischen Vereins ist es den Frauen und jungen Dorfbewohnern eine Ausbildung im Bereich biologischen Landbaus zu geben. Denn eine Landwirtschaft, die verantwortlich mit den natürlichen Ressourcen umgeht ist auch nachhaltig erfolgreicher, indem zum Beispiel Böden nicht versäuern oder erodieren. Ausserdem sind Verkaufsstellen für Bio-Produkte vorgesehen, ebenso wie eine Wiederbewaldung und Massnahmen zur Verbesserung der Qualität der Böden.
Angesichts der Tatsache, dass die Schere zwischen Arm und Reich seit über einem Jahrzehnt immer weiter auseinanderklafft ist es mehr denn je notwendig Entwicklungshilfeprojekte zu unterstützen. Man muss bedenken, dass, je nach Schätzung, unter anderem der UNO, zwischen 2 und 3,5 Milliarden Menschen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen müssen und dass die Hälfte der Menschheit mit 3 Milliarden Individuen genauso viel Einkommen besitzt, wie die 500 reichsten Menschen.

Neue Publikationen

Sozial verantwortlich investieren in Luxemburg

Geld stinkt nicht! So will es der Volksmund. Und doch Geld kann viel Schlimmes anrichten, aber auch viel Gutes bewirken. Deswegen hat etika sich entschlossen, ähnlich wie andere Institutionen im europäischen Ausland einen Investitionsratgeber für ethisches Investieren herauszubringen. Ähnlich wie das belgische Beispiel, wo das Réseau Financement Alternativ (RFA) bereits einen »Guide des Placements Ethiques et Solidaires“ veröffentlich hat, oder die Alternatives Economiques in Frankreich mit ihrer Publikation »Les placements éthiques“, hat etika bereits begonnen Daten und Fakten zu sammeln, die uns erlauben werden in Kürze den ersten Leitfaden für ethisches Investieren im Grossherzogtum zu veröffentlichen.
Während der ersten Wochen unserer Recherche haben wir sämtliche Banken und andere Finanzdienstleister in Luxemburg kontaktiert und sie um Informationen darüber gebeten, ob sie Investmentfonds vertreiben, die einen ethischen Mehrwert besitzen. Viele von ihnen haben uns schon geantwortet. Einerseits kann man vorläufig sagen, dass die Mehrheit der in Luxemburg registrierten Fonds sich nicht unter der Kategorie »sozialverantwortlich“ einstufen lassen. Auf der anderen Seite ist es aber durchaus so, dass es eine gewisse Anzahl an Investmentfonds gibt, die hinsichtlich ihrer Zusammensetzung aus Aktien und/oder Obligationen durchaus als ethisch wertvoll eingestuft werden können. Auch wenn wir gegenwärtig noch im Stadium der Informationssammlung und Auswertung sind, kann man sagen, dass sich aufgrund der bereits vorliegenden Daten die Anzahl der ethischen Fonds möglicherweise durchaus auf gut fünf Duzend belaufen könnte.
Ziel dieses Ratgebers ist es interessierten Investoren eine bessere Orientierung über die verfügbaren Fonds zu geben, die einen sozialen, kulturellen oder ökologischen Mehrwert haben.
Der Leitfaden hat es sich nicht zur Aufgabe gesetzt allumfassend zu sein und alle ethischen Finanzinstrumente aufzulisten. Es soll aber dennoch die grösstmögliche Anzahl an Investmentfonds zusammengefasst und kategorisiert werden.
Die Auswahlkriterien sind sowohl Ausschluss- als auch Positivkriterien in den Bereichen Soziales, Umwelt und internationaler Solidarität, um nur einige zu nennen.
So schliesst man beispielsweise Investmentfonds aus, die in ihrem Portfolio Aktien von Firmen haben, die in der Atom- oder Rüstungsindustrie tätig sind, oder auch solche deren Unternehmenspolitik sehr unsozial ist. Das gleiche gilt für Fonds mit Staatsanleihen von autoritär geprägten Ländern, die Menschenrechte missachten. Die Positivkriterien hingegen gelten für Fonds, die Aktien von Firmen enthalten, die sich durch ihr soziales Engagement gegenüber ihren Mitarbeitern oder durch besondere Massnahmen im Bereichs des Umweltschutzes oder dem Respekt der Menschenrechte auszeichnen.
Der Leitfaden soll nach Möglichkeit diesen Herbst erscheinen.


Geschenk für neue Sparer


Originelle Spardosen als Preis

Ein alternatives Sparkonto zu öffnen birgt nunmehr weitere Vorteile in sich, denn diejenigen, die neue Sparer gewinnen, wie auch die neuen Sparer selbst erhalten ausgesprochen originale Sparbüchsen: einen kleinen Elefanten aus Leder.
Diese Spardosen in verschiedenen Farben sind nicht nur ein hübsches Dekorationsobjekt, sondern auch ein Beitrag zur Entwicklungshilfe, denn sie ermöglichen den Ärmsten in Indien ein Einkommen zu erzielen.
Die Firma »Needle Point“ aus Shantiniketan, eine kleine Stadt circa 200 Kilometer von der Metropole Kalkutta entfernt, setzt sehr hohe Sozialmassstäbe an, in einem Land der krassen Einkommensgegensätze und sehr grosser Armut. In einem Sektor, in dem Kinderarbeit oft die Regel ist, stellt Needle Point ausschliesslich volljährige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein.
Die circa 200 Angestellten erhalten auch bedeutende soziale Leistungen. So bekommen sie beispielsweise Produktionsprämien, wie auch Sonderzahlungen für Festtage. Der Arbeitgeber gewährt ihnen auch Kredite und Zuzahlungen für medizinische Notfallbehandlungen, ebenso wie für den privaten Hausbau. Gegenwärtig ist die Firma dabei eine Gruppenversicherung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuschliessen.
Shantiniketan war einst ein wichtiger Produktionsstandort für Kunsthandwerk aus Leder. Aber die sinkende Nachfrage nach diesen Gütern hatte einen Preisverfall zur Folge. Die Konsequenz daraus war, dass viele Handwerkerinnen und Handwerker ihren Beruf aufgegeben und Lohn und Brot in anderen Sektoren gesucht haben. Durch den Preisverfall verschlechterte sich aber auch die Qualität der Produkte.
Im Jahre 2002 beschloss Needle Point schliesslich eine Produktion mit hohem Qualitätsanspruch wiederzubeleben. Anfänglich war es ein kleines Team, welches neue Produkte mit neuem Design entwarf. In den umliegenden Dörfern wurden Produktionseinheiten geschaffen, die es vielen Leuten ermöglichte eine Arbeit zu finden. Auch Verpackung und Versand wird von der Firma selbst erledigt.
Die Handwerkerinnen und Handwerker haben jetzt eine wesentlich verbesserte Einkommenssituation. Auch die Landbevölkerung profitiert von diesem Projekt.
Wenn Sie also ein Neusparer sind oder ab 1. September einen neuen Sparer geworben haben, schicken Sie uns Ihre Adresse und Telefonnummer (bzw. die des Neusparers oder Paten), zusammen mit einer Fotokopie des neuen Sparbuchs an: etika - Aktion Patenschaft, 55, avenue de la Liberté, L-1931 Luxemburg. Sie bekommen dann umgehend die Elefanten-Sparbüchse zugesandt. Ihre Adresse werden wir nur für diese Aktion verwenden. Ihre Adresse wird nicht für andere Zwecke genutzt und nicht gespeichert. Nach Versand werden sowohl ihre Adresse, wie auch ihre Kontendaten vernichtet. Die Aktion läuft vom 01. September 2006 bis zum 31. Dezember dieses Jahres.

Neuigkeiten aus der Sozialfinanz

Kongress Sozialfinanzen in San Sebastian

Bereits im dritten Jahr in Folge hat etika am alljährlich stattfindenden Treffen von Banken und Organisationen, die weltweit im Bereich der Sozialfinanzen tätig sind, und welches von der Vereinigung INAISE veranstaltet wurde, teilgenommen. INAISE steht für International Investors in the Social Economy. Mehr als 120 Personen aus Europa, aber auch aus Bangladesch, Lateinamerika und Kanada haben sich über ihre unterschiedlichen Erfahrungen im Bereich der Sozialfinanzen und ihre Möglichkeiten sie als Instrument für Entwicklung zu nutzen ausgetauscht. Dies Konferenz fand diesmal in San Sebastian im spanischen Baskenland statt. Der Örtlichkeit war dabei nicht zufällig gewählt, denn die Region ist sehr reich an Kooperativen, die eine starke soziale Ausprägung haben. So haben uns beispielsweise beim Besuch der Mondragon Corporación Cooperativa ein Bild darüber machen können. Diese Kooperative ist das Ergebnis des Willens des jungen Priesters José María Arizmendiarreta und der Anstrengungen der Angestellten-Gesellschafter, die es geschafft haben eine kleine Werkstatt, in der seit 1956 Öfen und Kocher hergestellt wurden, zu dem grössten Industriebetrieb des Baskenlandes und dem siebtgrössten in ganz Spanien auszubauen. Dabei erzielten sie im Jahre 2005 mit fast 80.000 Mitarbeitern gut 12 Milliarden Euro Umsatz.

Ausbildung künftiger Sozialbanker

An den verschiedenen Veranstaltungen an denen wir teilgenommen haben, wurde immer wieder bestätigt, dass die Ausbildung im Bereich der Sozialfinanzen in zwei Zyklen durchgeführt wird. Der eine ist besteht in einem 10tägigen Sommerseminar, und ist auf Personen zugeschnitten, die bereits im Bankenwesen arbeiten und die die zusätzliche Kompetenz erwerben wollten, ein Projekt auch nach seinen sozialen und Umweltkriterien zu beurteilen. Der andere besteht in einem dreijährigen Masterkurs und der sich an Akademiker richtet, die in diesem Sektor arbeiten möchten. Das Masterprogramm wird an der Plymouth Universität in Großbritannien angeboten. Der Unterricht wird dort von Fachleuten aus dem Bereich der Sozialfinanz durchgeführt. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Analyse konkreter Beispiele. Die ersten Studenten haben diesen September ihr Studium aufgenommen.

Neuerungen für einen verbesserten Zugang zu Wohnraum: das Beispiel von Habitat et Humanisme in Frankreich

Dieses Treffen war ebenfalls eine gute Gelegenheit um über den innovativen Charakter der Sozialfinanz zu diskutieren. Im Gegensatz zur herkömmlichen Finanz, die sich ausschliesslich an Profitkriterien orientiert, muss sich die Sozialfinanz ständig erneuern, um der permanent sich verändernden gesellschaftlichen Wirklichkeit rechnung zu tragen. Neben dem Zugang zu einem Arbeitsplatz ist der Zugang zu angemessenem Wohnraum zu einem zentralen Problem für viele Menschen in den sogenannten Industrienationen geworden. Dies ist hauptsächlich auf eine ungebremste Immobilienspekulation zurückzuführen. Dies ist seit jeher der Ansatzpunkt von Bernard Devert, ein Priester, der Habitat et Humanisme mitbegründet hatte. Er hat den Leitsatz des Abbé Pierre übernommen, für den angemessener Wohnraum eine Frage der Gerechtigkeit ist und deswegen auf solidarische Spareinlagen zurückgreift. Ziel dieser Spareinlagen ist es Wohnungen mit relativ günstigen Mieten für Familien zur Verfügung zu stellen, die mit speziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben: geringes Einkommen, Probleme wegen Scheidung, Drogen oder Alkohol, und die nicht auf die Warteliste für gängige Sozialwohnungen kommen. Gegenwärtig verwaltet Habitat et Humanisme mehr als 2.000 Wohnungen in Frankreich, von denen wiederum zwei Drittel Eigentum der Vereinigung sind, der Rest sind von Habitat et Humanisme angemietete Privatwohnungen. In dem letzten Fall wird die Differenz zwischen der realen Miete und der sozial gemässigteren Miete, sowie die Garantie der Rückgabe an den Eigentümer in ordentlichem Zustand von Habitat et Humanisme übernommen. Die Erfahrung zeigt, dass sozialer Wohnraum wesentlich mehr ist als eine Frage des Geldes et dass die flankierende soziale Begleitung der Bewohner ausserordentlich wichtig ist, um zu vermeiden, dass diese in eine Situation kommen, in der sie die Miete nicht mehr zahlen können oder in der sie ihre Wohnung erneut verkommen lassen. Habit et Humanisme setzt sich ebenfalls für die Schaffung von Lösungen ein bei denen eine Mischung aus sozial- und privatwirtschaftlichen Wohnungsbau herauskommt. Ein Lösungsansatz wäre, dass die Kommunen ihre Reserven an freien, aber noch nicht als Bauland ausgewiesenen Gründstücken nutzen. Diese sollen dann in Bauland umgewandelt werden, das von den Käufern erworben, aber erst später bezahlt wird. Diese Idee könnte auch in Luxemburg übernommen werden, wo angemessener Wohnraum für viele Menschen nur sehr schwer zu finden ist.

Fineurosol: ein europäisches Gütesiegel für solidarisches Sparen

Die Seminarteilnehmer hatten auch die Gelegenheit sich mit der schwierigen Frage eines Gütesiegels für Produkte des solidarischen Sparens auseinanderzusetzen. Ähnlich wie sich der Verkauf von Produkten des fairen Handels in Europa beachtlich durch das Gütesiegel »FairTrade“ entwickelt hat, welches einen Mindestkaufpreis für die Produkte der ärmeren Bauern aus den Entwicklungsländern garantiert, so hat das Réseau pour le Financement Alternatif in Belgien und Finansol in Frankreich eine Initiative gestartet, die es sich zum Ziel gesetzt hat die Finanzprodukte des »fairen Sparens“ mit dem Gütesiegel »Fineurosol“ zu versehen.
Diese Initiative wird von der Europäischen Kommission finanziert und wird von 7 Ländern unterstützt. Dazu zählen Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien.
Ziel ist es die Glaubwürdigkeit der Produkte der Sozialfinanz zu erhöhen, damit man sie von solchen unterscheiden kann, die werbewirksam wohlklingende Namen einsetzen, ohne das diese Produkte jedoch einen Umwelt- oder sozialen Mehrwert hätten.
Wie schon für die Gütesiegel Demeter oder Biolabel im Bereich der ökologischen Landwirtschaft, soll dieses Gütesiegel dem Sparer die Sicherheit geben, dass die Verwendung seiner Spareinlagen ausschliesslich nach Kriterien des ethischen Mehrwerts verwendet werden. Die Ausarbeitung dieser Kriterien findet gegenwärtig statt. Die grösste Schwierigkeit dabei ist dass die Produkte der Sozialfinanz sehr unterschiedlich sein können. Ihrer Form nach können es Sparbücher, Investmentfonds, Wagniskapital und noch viele andere sein. Sie unterscheiden sich aber auch nach ihrem Ursprung, denn diese Produkte können von eingetragenen Vereinen, von Finanz-Kooperativen wie auch von Banken geschaffen werden. Darüberhinaus ist ihr Vertrieb in der Regel auf das Ursprungsland begrenzt. Auch können die Auswahlkriterien sehr unterschiedlich und die Solidarität zwischen Sparer und Kreditnehmer extrem stark oder nicht existent sein. Bis Ende des Jahres sollen die Auswahlkriterien dann allerdings feststehen.
Etika steht in Kontakt mit Fineurosol um ein Gütesiegel für das alternative Sparkonto zu erhalten. Wir werden Sie darüber natürlich auf dem Laufenden halten.

Unternehmensnotierungen nach sozialen und Umweltkriterien

Vigeo kauft Avanzi SRI Reserch

Die Ratingagentur für sozial und Umweltfinanzen Vigeo, mit der etika im Rahmen des Ethibel-Forums zusammenarbeitet (vgl. Artikel aus etika info Nr. 18) verfolgt seine weiter Entwicklung in Europe mit dem Kauf der italienischen Agentur Avanzi Reserch.
Nach Paris, Brüssel und Casablanca wird Milan die vierte Stadt sein, in der Vigeo präsent sein wird. Vigeo ist in die führende Sozialratingagentur in Europa, seit dem Teilzusammenschluss mit Ethibel im Jahr 2005. Der Kauf von Avanzi SRI Research, der wichtigsten italienischen Sozialratingagentur durch Vigeo bestätigt die Entwicklungsstrategie der Vigeo-Gruppe und ihren Platz als Nummer eins im Bereich des Sozialratings in Europa.
Seit 2005 ist Vigeo Marktführer mit einem Marktanteil von 20 bis 25 %, einschliesslich Großbritannien. Geführt wird die Gruppe gemeinsam von Nicole Notat und Marc Bontemps.
Avanzi SRI Research wurde im Jahr 2002 gegründet und ist die grösste Sozialratingagentur Italiens. Sie ist Teil des internationalen Netzwerks der SIRI Group. Vigeo Italia wird in zwei Abteilungen organisiert sein: auf der einen Seite die Abteilung »Recherche im Bereich sozial verantwortlichem Investierens“ und auf der anderen die Abteilung »Kontrolle der sozialen Verantwortlichkeit“.
Avanzi SRI Research setzt sich aus acht Experten zusammen, die in unterschiedlichen Bereichen der Unternehmensverantwortlichkeit hinsichtlich Umwelt- und Sozialfragen tätig sind. Die Hauptaufgabe von Avanzi SRI Research besteht darin sozialverantwortlichen Investoren Informationen und Ratings über eine ganze Reihe von Unternehmen zu geben. In Zusammenarbeit mit Morningstar unterhält Avanzi SRI Research den »SRI Fund Service“, eine europäische Datenbank über grüne, ethische und sozial verantwortliche Investmentfonds. Als Pionier hat Avanzi SRI Research im Jahr 2005 einen ISR Index auf der Grundlage verschiedener sozialverantwortlicher Auswahlkriterien getroffen.

Eine vorsichtige Strategie externen Wachstums

Mit dem Kauf erhöht Vigeo sein Personal um acht neue Mitarbeiter und erreicht damit einen Personalstand von insgesamt 60 Personen, die sich auf die vier Standorte Paris, Brüssel, Casablanca und Mainland aufteilen. Dadurch dass Vigeo nunmehr auch auf dem italienischen Markt präsent ist erhöht sich konsequenterweise sein Marktanteil. Ebenso erweitert sich das Produktangebot auf dem italienischen Markt, besonders hinsichtlich sozialem Controlling und Benchmarking.

Sozial verantwortlich investieren in Deutschland

Beständiger Aufwind für Ökofonds

In Deutschland in Ökofonds zu investieren verspricht gute Gewinne und schafft darüber hinaus auch Arbeitsplätze.

Nach einer Erhebung der deutschen Internet-Zeitung »ecoreporter.de“, die im August veröffentlicht worden ist, erfreuen sich ökologische und solidarische Investmentfonds einer noch nie dagewesenen Beliebtheit in Deutschland. Die Gesamtinvestitionssumme hat sich im ersten Halbjahr 2006 um 50 % erhöht und beläuft sich mittlerweile auf über 12 Milliarden Euro. Es waren vor allem Fonds, die in regenerative Energiequellen investieren, für welche die Anleger das grösste Interesse bekundeten.
Das gleiche gilt für die Solaraktien, die an der Frankfurter Wertpapierbörse quotiert sind. Ihre Volatilität, d.h. die Möglichkeit starker Schwankungen, unterscheidet sich dabei grundsätzlich nicht von der anderer Aktien.
Zwei Hauptfaktoren sind dafür verantwortlich, dass die Investition in diese Aktien sehr interessant macht.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Zum einen gibt es einen gesetzlich festgelegten Abnahmepreis, den Stromunternehmen den Stromerzeugern zahlen müssen. Dies ist durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelt. Dieses Prinzip wendet auch die CEGEDEL gegenüber Produzenten erneuerbarerer Energie in Luxemburg an. Der Preis unterliegt somit nicht den üblichen Marktschwankungen mit der Gefahr eines Preisverfalls. Die einzige Unvorhersehbarkeit ist die Menge des erzeugten elektrischen Stroms, da diese in Abhängigkeit von den Sonnenstunden und anderen Faktoren variiert. In den Jahren, in denen weniger Strom produziert wird ist die Fixkosteninzidenz auf die erzeugte Einheit, d.h. der Kilowattstunde, höher. Da diese anschliessend zu einem Festpreis abgenommen wird, sind die Gewinnmargen logischerweise geringer. Da die Variationen in der erzeugten Menge normalerweise relativ gering sind läuft eine Geldanlage in Solaraktien mittelfristig kaum Gefahr nicht gewinnbringend zu sein. Der Umstand, dass der Abnahmepreis von Strom festgelegt ist, erlaubt den Unternehmen langfristige Investitionsstrategien zu verfolgen, da die Gewinnerwartungen relativ leicht einzuschätzen sind. Dies ist besonders wichtig für Firmen im Sonnenenergiesektor, der modernste Technologie benötigt, und von daher entsprechende Investitionen. Die indirekte Förderung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz läuft in den nächsten zehn Jahren aus. Bis dahin wird dieser Sektor der deutschen Wirtschaft einen entscheidenden Vorsprung auf dem europäischen und Weltmarkt haben und das auf einem so strategisch wichtigen Gebiet wie der Stromversorgung.

Die Endlichkeit fossiler Brennstoffe und der Atomausstieg

Der andere Faktor, der eine Investition in erneuerbare Energien interessant macht ist zweifacher Natur. Auf der einen Seite hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu entschlossen aus der Produktion der Atomenergie auszusteigen, und auf der anderen Seite ist da der beständig nach oben schiessende Ölpreis.
Wenn auch gegenwärtige einige christdemokratische Politiker den Zeitpunkt des Atomausstiegs gerne noch um einige Jahre nach hinten verschieben möchten, so stellt doch niemand mehr ernsthaft das Ende der Atomkraft in Deutschland in Frage. Das bedeutet, dass innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte alle Atomkraftwerke Schritt für Schritt abgeschaltet werden. Gegenwärtig wird in der Bundesrepublik immer noch gut ein Drittel des Strombedarfs durch Atomkraft produziert. Die Herstellung dieser Strommenge muss deshalb durch andere Energieträger sichergestellt werden, unter anderem durch erneuerbare Energien, wie die Sonnenenergie. Somit ist realistischerweise mit einem Anstieg sowohl der Zahl der Solaranlagen, sowie deren Herstellerfirmen und Betreiber zu rechnen. Betrachtet man die Tatsache, dass die steigende Nachfrage nach Solaranlagen die produzierte Stückzahl erhöhen wird, ist davon auszugehen, dass die Einheitskosten mittelfristig sinken. Dies wird zu niedrigeren Stückpreisen für Solaranlagen und von daher die Gewinnmargen des Solarstromproduzenten führen. Dies wird zur Folge weiter steigende Börsenkurse haben.
Der aktuelle Höhenflug des Ölpreises hat den Einkaufspreis des Rohstoffs für die Betreiber von Heizkraftwerken enorm erhöht. Der gestiegene Preis ist grösstenteils durch internationale Faktoren begründet, darunter durch die Spannungen mit dem Iran wegen seines Atomprogramms. Auf der anderen Seite spielt aber auch die Spekulation eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

Illustration: Die Produktion elektrischen Stroms durch Sonne und Wind wird in Deutschland immer rentabler

Man kann zwar durchaus mittelfristig mit leichten Rückgängen des Ölpreises rechnen. Man darf aber dennoch nicht vergessen, dass Erdöl ein fossiler Energieträger ist. Und das bedeutet ein endlicher Energieträger. Einfach ausgedrückt: mit jedem verbrauchten Barrel Rohöl gibt es auf dieser Welt genau einen Barrel weniger. Das bedeutet, dass die gesamten Reserven, sprich das Gesamtangebot unvermeidlich sinkt während die Nachfrage beständig steigt. Dieser Umstand wird unausweichlich zu künftigen noch kräftigeren Preissteigerungen führen. Dabei ist zu beachten, dass diese Steigerungen aufgrund der Angebot- und Nachfragestruktur mehr als linear sind. Von daher ist es nicht auszuschliessen, dass der Preis für ein Barrel bereits in ein bis zwei Jahrzehnten bei mehreren hundert Dollar liegen könnte.
Aus diesem Grund wird sich die Differenz zwischen den Produktionskosten für konventionelle und erneuerbarere Energie immer weiter verringern. Die Erwartung ist durchaus realistisch, dass in ein bis zwei Jahrzehnten die Produktion elektrischer Energie durch erneuerbare Energien deutlich kostengünstiger sein wird, als durch fossile Energieträger. Dann wird sowohl die Nachfrage als auch die Produktion einen massiven Aufschwung erleben.

Sonnenenergie schafft Arbeitsplätze

Im Gegensatz zur momentanen Situation, in der in fast allen Branchen Arbeitsplätze abgebaut werden, ist der Sektor der Solarenergie einer der wenigen in der ständig neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Carsten Körnig, Sprecher des Bundesverbands Solarwirtschaft, spricht in einer Mitteilung davon, dass die Industrie noch in diesem Jahr 5.000 neue Arbeitsplätze schaffen will. Damit würde die Zahl der Beschäftigten in dieser Branche auf rund 50.000 steigen. Das wären 10.000 mehr als im Vorjahr. Der Verband erwartet zudem einen Umsatzzuwachs von gut 10 % auf vier Milliarden Euro. Rund 30 % des Gesamtumsatzes wird durch den Export erzielt.
In Solarenergie zu investieren ist von daher nicht nur für einen kurzen Zeithorizont interessant, sondern wird sich aus mittel- und langfristig auszahlen.


Analyse

Waffen, die bereits beim Kauf töten

Der internationale Waffenhandel ist nicht nur eines der lukrativsten Geschäfte, sondern auch der zerstörerischste menschlichen Lebens, sowohl durch den Einsatz der Waffen, als auch durch die Ressourcenbindung.

Der erst kürzlich zu Ende gegangene neuerliche Krieg im Mittleren Osten hat zum wiederholten Male gezeigt, welch zerstörerische Kraft militärische Macht besitzt. Unterschiedlichen Schätzungen zufolge haben die israelischen Luftangriffe auf die Infrastruktur den Libanon wirtschaftlich um Jahrzehnte zurückgeworfen. Die Anstrengungen der libanesischen Gesellschaft der letzten Jahre ihr Land auch wirtschaftlich voranzubringen wurden innerhalb weniger Wochen zunichte gemacht.

Die Sozialfinanz verfolgt unter anderem das Ziel einer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung der Ärmsten in den Entwicklungsländern, indem sie Projekte unterstützt, die einen sozialen Mehrwert haben. Daraus ergibt sich, dass jegliche Investition in Projekte, die für den gesellschaftlichen Zusammenhalt oder die ökologische Nachhaltigkeit schädliche sind, ausgeschlossen ist. Deswegen haben alle Organisationen der Sozialfinanz als Ausschlusskriterium die Finanzierung der Herstellung, des Handels und des Kaufs von Waffen.
Dies scheint selbstverständlich zu sein angesichts der Tatsache, dass Waffen dazu dienen Menschen zu töten oder zu verletzen. Unabhängig aber davon, ob diese Waffen eingesetzt werden oder nicht, haben sie bereits einen tödlichen Effekt bei ihrem Kauf.

Seit Anfang der 90er Jahre hat sich das Gesamtvolumen der von institutionellen Anlegern in Aktien des US-amerikanischen Verteidigungssektors investierten Gelder enorm vergrössert. Der Druck vonseiten der Rüstungsindustrie auf die Regierung hatte sicherlich seinen Anteil an der Aufstockung der US-Militärausgaben. Die Aktionäre der Waffenindustrie durften sich freuen, denn nicht nur die Börsenkurse ihrer Unternehmen sind gestiegen, sondern sie erhielten auch hohe Dividenden. Diese US-Gruppen haben auch Richtung Europa expandiert, indem sie sich in der hiesigen Rüstungsindustrie eingekauft haben.

Illustration: Die Börsenkurse der wichtigsten Rüstungsunternehmen im Vergleich mit anderen Branchen (Quelle: Atlas 2006, Monde diplomatique)

Waffenhandel erstickt Entwicklung

Der Begriff Entwicklung beinhaltet mehrere Definitionen. Die gebräuchlichste ist die der Wirtschaftsentwicklung, und gemessen am Bruttosozialprodukt, d.h. an der Summe der Werte aller produzierter Waren und Dienstleistungen innerhalb eines Jahres in einem bestimmten Land. Die andere Definition ist weitaus weniger gebräuchlich, doch von mindestens genauso entscheidender Bedeutung, nämlich die der menschlichen Entwicklung, wie sie vom Entwicklungsbericht der Vereinten Nationen definiert wird. So wird die menschliche Entwicklung anhand anderer, nicht-ökonomischer, Kriterien bewertet. Dazu gehören Alphabetisierungsraten, Bildungsstand, Gesundheitszustand, wie zum Beispiel Kindersterblichkeit, Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung, Zugang zu sauberem Trinkwasser, effektive Teilhabe an gemeinschaftlichen Entscheidungen, d.h. Niveau an Demokratisierung.
Waffenhandel hat immer einen negativen Effekt auf Entwicklung, auch wenn die Waffen selbst nie zum Einsatz kommen.
Zum einen ist es ein ineffizienter Einsatz von Ressourcen. Waffen sind weder Konsumgüter, denn Konsumgüter zeichnen sich durch eine unmittelbare Befriedigung von Bedürfnissen seitens der Konsumenten aus. Sie sind aber auch keine Investitionsgüter im klassischen Sinne, denn für diese ist es charakteristisch, dass sie mittel- und langfristig Gewinne abwerfen, die in ihrer Gesamtheit mindestens genauso hoch sein müssen, wie die Anfangsinvestition, damit der Investor keine Verluste erleidet.
Ein Kredit, der ein Investitionsgut finanziert, kann somit über die Jahre mit erzielten Einnahmen zurückgezahlt werden. Man spricht dabei von Amortisierung. Dies ist nicht der Fall bei Waffen. Der konventionelle, nicht ethische Kredit, der den Waffenhandel finanziert führt somit zwingenderweise zu einer Schuldenerhöhung zu Lasten des Schuldners. Ist der Schuldner ein Entwicklungsland sind die Auswirkungen dieser Verschuldung katastrophal.
Man kann hier zwei Probleme unterscheiden. Das eine ist das der Opportunitätskosten, d.h. ein Euro, der für den Import von Rüstungsmaterial ausgegeben wurde kann für nichts anderes mehr ausgegeben werden. Umso niedriger das Durchschnittseinkommen in einem bestimmten Land ist, umso grösser sind die Auswirkungen dieses Phänomens. 1998 hat Indien 702 Millionen Dollar für den Import von Waffen ausgegeben. Dazu muss gesagt werden, dass Indien 1998 relativ wenig Waffen importiert hat. Im gleichen Jahr wurde für die öffentliche Gesundheit 381 Millionen, die Bildung 1,2 Milliarden und die ländliche Infrastruktur 2,2 Milliarden Dollar ausgegeben. Eine Umorientierung der Ausgaben weg von Rüstungsimporten, hin zu mehr Investitionen im Gesundheitsbereicht könnte die Kindersterblichkeit, die in Indien, wie auch in anderen Entwicklungsländern sehr hoch ist, erheblich verringern.

Infobox
Verschiedenen Schätzungen zufolge belaufen sich die Militärausgaben weltweit auf fast eine Milliarde Euro im Jahr 2005. Das entspricht dem 43fachen des Luxemburger Bruttosozialprodukts. Auf die Vereinigten Staaten alleine entfällt über die Hälfte der Gesamtausgaben. Die öffentliche Entwicklungshilfe hingegen entspricht gerade einmal 5 % der weltweiten Militärausgaben.

Illustration: Ausgaben für Rüstung und Entwicklungshilfe (Quelle: Atlas 2006, Monde diplomatique)

Es gibt natürlich auch den Fall, wo die Industrieländer ihre Rüstungsexporte subventionieren, um die eine oder andere Seite in einem bewaffneten Konflikt zu unterstützen. Die Vereinigten Staaten geben circa 3 Milliarden jährlich für diese Subventionen aus. Weltweit wird diese Exportförderung auf rund 10 Milliarden Euro geschätzt. Das entspricht in etwa einem Fünftel der staatlichen Entwicklungshilfe. Ein Land wie Kenia hat im Vergleich dazu ein Bruttosozialprodukt von gerade einmal 16 Milliarden Dollar, Burkina Faso kommt auf nicht einmal 6 Milliarden.
Um die nötigen finanziellen Mittel für die Bezahlung der Importe aufzubringen müssen die Entwicklungsländer Rohmaterial oder Industriegüter exportieren. Die Produktionskapazitäten, die dadurch absorbiert werden, stehen für einen anderweitigen Einsatz, wie zum Beispiel der Produktion von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen nicht zur Verfügung. Es wird also weniger an Konsum- und Investitionsgütern produziert als es möglich wäre, wenn es diese Art der Importe nicht gäbe. Das hat zur Folge, dass das tatsächliche Angebot an Konsumgütern unterhalb des potentiellen liegt, was wiederum höhere Preise nach sich zieht, die die Ärmeren nicht zahlen können. Da sich gleiche Problem bei den Investitionsgütern stellt, investieren die Unternehmen weniger als es anderweitig möglich gewesen wäre. Daraus resultiert ein schwächeres Wirtschaftswachstum, die der Armut kein so schnelles Ende bereiten wird. Gleichzeitig sind aber auch weniger Ressourcen vorhanden, um in die gesellschaftliche und wirtschaftliche Infrastruktur zu investieren.
Rüstungsimporte haben aber auch einen negativen Effekt auf den sogenannten Multiplikator. Entscheidet sich der Staat beispielsweise eine Strasse zu bauen und zahlt der Arbeitern 100.000 Euro pro Monat, wird die Auswirkung auf das Bruttosozialprodukt mehr sein als dieser Anfangsbetrag, denn die Arbeiter werden einen Teil ihres Einkommens ausgeben und damit ein weiteres Wirtschaftswachstum bewirken, usw. Importe reduzieren per Definition diesen Multiplikator-Effekt. Die Auswirkungen der Waffenimporte auf das Wirtschaftswachstum sind somit negativ. Diese Art des Handels zu finanzieren ist deswegen im Widerspruch zur Notwendigkeit und zu den Zielen damit sich die ärmsten Länder entwickeln können.
Unternehmen, die Waffen exportieren, bewegen sich auf einem sehr stark reglementierten Markt. Darüberhinaus halten sie eine oligopolistische Stellung mit einer sehr eingeschränkten Anzahl von Rüstungsunternehmen. Zwei Drittel des internationalen Waffenexports kommen aus drei Ländern: Vereinigte Staaten, Großbritannien und Frankreich. Ebenso benötigen die Verteidigungssysteme einen hohen Grad an Kompatibilität. All das führt dazu, dass die Konkurrenz sehr eingeschränkt ist und die Preise dadurch wesentlich höher sind, als sie es in einer Situation des freien Wettbewerbs wären.
Um die Armut in den Entwicklungsländern nachhaltig zu beseitigen, ist es unumgänglich über einen langen Zeitraum hinweg ein robustes Wirtschaftswachstum in den entsprechenden Regionen zu haben. Um dieses Ziel zu erreichen müssen die Regierungen in öffentliche Infrastruktur investieren, um die Aktivitäten privater Unternehmen zu unterstützen. Da der Anteil der Rüstungsprodukte an den Gesamtimporten für viele Entwicklungsländer sehr hoch ist, entsteht ein ernsthaftes Problem. In Sierra Leone beispielsweise sind 5 % der Gesamtimporte Waffen, in Uganda sind es 4, in Chile 1,5 und in Indien 2 Prozent. Würde man diese Importe durch zivile Investitionsgüter ersetzen, würde dies die Produktionskapazitäten des Landes erhöhen. Dies wiederum hätte kurz- mittel- und langfristig ein höheres Wirtschaftswachstum zur Folge mit positiven Auswirkungen auf das Durchschnittseinkommen und damit auf die Gesundheitszustand der Menschen und auf ihr Bildungsniveau, was wiederum positive Auswirkungen auf das langfristige Wirtschaftswachstum hätte.
Der Kauf von Rüstungsprodukten durch Entwicklungsländer wird in den meisten Fällen von einer Bank, normalerweise einer ausländischen, vorfinanziert, denn für die Rückzahlung durch den Schuldner bürgt häufig die Regierung des Exportlandes. Dieser Umstand lässt die Auslandsschulden anwachsen und führt dadurch zu einem Wertverlust der nationalen Währung.
Dieser Wertverlust hat zur Folge, dass die Exporteinnahmen insgesamt fallen, das heisst, die Volkswirtschaft muss mehr und mehr für den Export produzieren. Auf diese Weise werden weniger Konsum- aber auch weniger Investitionsgüter hergestellt, mit negativen Konsequenzen auf das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts.
Um diese Auslandsschulden zurückzuzahlen ist die Regierung gezwungen entweder Kredite aufzunehmen, was die Gesamtsituation aber nicht verbessert, oder aber die Steuern zu erhöhen. Eine Steuererhöhung ließe aber weniger Geld in den Taschen von Verbrauchern und Investoren, was natürlich negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum hätte.
Das Wirtschaftswachstum ist eine der Vorbedingungen um eines Tages eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung für die gesamte Bevölkerung in den heute noch Entwicklungsländern zu gewährleisten. Der Waffenhandel behindert die Erreichung dieses Ziels zum Teil.
In unserer nächsten Ausgabe kommen wir auf dieses Thema zurück und werden über Bürgeraktionen in Belgien berichten um Druck auf Finanzinstitutionen zu machen, damit sie diesen zerstörerischen Handel nicht mehr finanzieren.

Interessante Links: www.sipri.org (auf englisch)
www.monde-diplomatique.fr
www.monde-diplomatique.de

Geschenk für neue Sparer

Originelle Spardosen als Preis

Ein alternatives Sparkonto zu öffnen hat nun neben dem ethischen Mehrwert auch noch weitere Vorteile, denn sowohl diejenigen, die neue Sparer gewinnen, wie auch die neuen Sparer selbst erhalten ausgesprochen originale Sparbüchsen: einen kleinen Elefanten aus Leder.
Diese Spardosen in verschiedenen Farben sind nicht nur ein hübsches Dekorationsobjekt, sondern auch ein Beitrag zur Entwicklungshilfe, denn sie ermöglichen den Ärmsten in Indien ein Einkommen zu erzielen.
Die Firma »Needle Point“ aus Shantiniketan, eine kleine Stadt circa 200 Kilometer von der Metropole Kalkutta entfernt, setzt sehr hohe Sozialmaβstäbe, in einem Land geprägt von krassen Einkommensgegensätzen und sehr groβer Armut. In einem Sektor, in dem Kinderarbeit oft die Regel ist, stellt Needle Point ausschlieβlich volljährige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein.
Die circa 200 Angestellten erhalten auch wichtige soziale Leistungen. So kommen sie beispielsweise in den Genuss von Produktionsprämien, Krediten und Zuzahlungen für medizinische Notfallbehandlungen, sowie für den privaten Hausbau. Gegenwärtig ist die Firma dabei eine Gruppenversicherung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuschlieβen.
Shantiniketan war einst ein wichtiger Produktionsstandort für Kunsthandwerk aus Leder. Die sinkende Nachfrage nach diesen Gütern hatte einen Preisverfall zur Folge. Die Konsequenz daraus war, dass viele Handwerkerinnen und Handwerker ihren Beruf aufgaben und Lohn und Brot in anderen Sektoren gesucht haben. Durch den Preisverfall verschlechterte sich aber auch die Qualität der Produkte.
Im Jahre 2002 beschloss Needle Point eine Produktion mit hohem Qualitätsanspruch wiederzubeleben. Anfänglich war es ein kleines Team, das neue Produkte mit neuem Design entwarf. In den umliegenden Dörfern wurden Produktionseinheiten geschaffen, die es vielen Leuten ermöglichten eine Arbeit zu finden. Auch Verpackung und Versand werden von der Firma selbst erledigt.

Illustration : Die Elefanten sind bereit, Ihre Spareinlagen aufzubewahren !

Die Handwerkerinnen und Handwerker haben jetzt eine wesentlich verbesserte Einkommenssituation. Auch die Landbevölkerung profitiert von diesem Projekt.
Wenn Sie also ein Neusparer sind oder ab 1. September einen neuen Alternativen Sparer geworben haben, schicken Sie Ihren Namen, Adresse und Telefonnummer (bzw. die des Neusparers oder Paten), zusammen mit einer Kopie eines neuen Kontoauszugs an: etika - Aktion Patenschaft, 55, avenue de la Liberté, L-1931 Luxemburg. Sie bekommen dann umgehend Ihre Elefanten-Sparbüchse zugesandt. Ihre Adresse werden wir nur für diese Aktion verwenden. Sie wird nicht für andere Zwecke genutzt und nicht gespeichert. Nach Versand werden sowohl ihre Adresse, wie auch ihre Kontendaten vernichtet. Die Aktion läuft vom 1. September bis zum 31. Dezember dieses Jahres.