John Christensen und Peter Niggli zu Süd-Nord Finanzbewegungen (13.10.09)

, von Ekkehart Schmidt

Die Action Solidarité Tiers Monde - ASTM, der Cercle de Coopération des ONG und Etika - Initiativ fir alternativ Finanzéierung haben am Dienstag, 13. Oktober zu einer Veranstaltung in französischer Sprache zum Thema der Süd-Nord-Finanzbewegungen und der Finanzierung der Entwicklunghilfe (Les flux financiers SUD-NORD et le financement du développement) eingeladen. Es sprachen John Christensen (Tax justice network) und Peter Niggli (Alliance Sud).

John Christensen, Direktor des Tax Justice Network (Foto: links), kennt das Thema der Steuerflucht sehr gut, hat er doch jahrelang im Finanzsektor der Insel Jersey gearbeitet. Er sprach über die Be- deutung und die Auswir- kungen der Steuerflucht und -vermeidung für die Länder des Südens, präsentierte aber auch Fortschritte im Kampf gegen die illegale Kapitalanlage.


Er stellte unter anderem das Forschungsprojekt der Secrecy Jurisdictions von Tax Justice International vor. Unter den vielen Länderberichten findet sich auch ein Bericht zu Luxemburg (Kurzfassung hier, Langfassung hier). Mehr zu der Studie unten.


Lesen Sie hier (klicken Sie auf das Foto rechts) ein Interview, das John Christensen dem "Quotidien" gegeben hat.

Peter Niggli, Direktor der Alliance Sud (Foto oben: rechts), debattiert das Thema seit langer Zeit in der Schweiz. Er schilderte den gut 60 Zuhörern in den CarréRotondes, in welcher Weise es NGOs in der Schweiz gelungen ist, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Zur Zeit erarbeitet die Wirtschaftskommission des Parlaments eine Vorlage, in der die Regierung aufgefordert wird, in Bezug auf Doppelbesteuerungs-Abkommen die Gleichbehandlung der Länder des Südens und der OECD-Länder zu garantieren.

Am Tag nach der Debatte hat John Christensen am Mittwoch, 14.10. an der Vorführung des Films "Let’s make money" in der Cinématèque teilgenommen und Fragen des Publikums beantwortet. Christensen war einer der Hauptgesprächspartner von Regisseur Erwin Wagenhofer bei der Erstellung des Films. Infos zum Film (unsere Vorpremiere im April) finden sie hier.

Am 2. November 2009 hat das internationale Netzwerk Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) erstmals seinen Schattenfinanzindex (Financial Secrecy Index FSI) vorgestellt. Dieses neuartige Ranking listet den US-Bundesstaat Delaware auf Platz eins der Steuer- und Verdunkelungsoasen, noch vor Luxemburg, der Schweiz und den Kaimaninseln. Großbritannien steht mit der City of London auf Platz fünf.

Der Index trägt der Tatsache Rechnung, dass geringe Transparenz - undurchlässiges Bankgeheimnis, fehlende Publizitätspflichten für Unternehmen, Verschleierung der Eigentumsverhältnisse von Stiftungen und Trusts u. a. - für Steueroasen inzwischen zu einem ebenso wichtigen Standortfaktor geworden ist wie die geringe Besteuerung. Der Index, das Ergebnis zweijähriger unabhängiger Forschungsarbeit von Wissenschaftlern und Steuerexperten, erhebt systematisch die rechtlichen Rahmenbedingungen von 60 Schattenfinanzplätzen sowie deren jeweiliges Gewicht am globalen Finanzmarkt.

"Mit diesem bislang einzigartigen Ansatz werden neben den üblichen Steueroasen in der Karibik und dem Pazifik jetzt auch die großen Finanzplätze in London und den USA in den Blick gerückt, die weltweit maßgeblich zu Steuer- und Kapitalflucht beitragen", sagt Klaus Schilder von terre des hommes bei der Vorstellung des Indexes.

Die Begünstigung der Verheimlichung illegaler bzw. illegitimer Finanzflüsse trage zur internationalen Steuerflucht bei, so auch die NGOs "Erklärung von Bern" und Alliance Sud". Den Entwicklungsländern entgingen dadurch jährlich Milliardenbeträge, die ihnen für den Aufbau von Infrastruktur und zur Armutsbekämpfung benötigen.











Lesen Sie dazu Artikel im Quotidien, im Land (klicken Sie auf die nebenstehenden Bilder) und im Jeudi (unten), in denen auch eine kritische bzw. defensive Stellungnahme der ABBL zu lesen ist.

Der FSI ist nicht zuletzt als Gegenentwurf zu der Schwarzen und Grauen Liste der Steueroasen gedacht, die die OECD seit April im Auftrag der G20 erstellt.

"Diese Steueroasenlisten sind ein stumpfes und von politischen Rücksichtnahmen gezeichnetes Werkzeug", hebt Jens Martens vom Global Policy Forum hervor. "Dabei benötigen Regierungen und Finanzinstitute gerade nach den Erfahrungen der Finanzkrise dringend ein objektives Instrument, um die Risiken, die von Schattenfinanzplätzen ausgehen, einschätzen und möglichst schnell beseitigen zu können."

"Das OECD-Verfahren taugt bestenfalls zum Weißwaschen schmutziger Geschäfte", betont auch Georg Stoll von MISEREOR. "Die öffentlichen Haushalte in Industrie- und Entwicklungsländern geraten immer tiefer in die roten Zahlen, während Armutsbekämpfung und Klimawandel gleichzeitig gigantische globale Kraftanstrengungen erfordern. Wie lange wollen die Regierungen unter diesen dramatischen Umständen einer jährlichen Steuerflucht von mehreren 100 Milliarden Euro noch zuschauen? Die G20 müssen sich endlich diesem Gerechtigkeitsproblem stellen."

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit fordert deshalb die G20 auf, sich auf ein multilaterales Abkommen zu automatischem Austausch von Steuerinformationen zu verständigen.






Das internationale Tax Justice Network ist ein Zusammenschluss von sozial- und entwicklungspolitischen sowie kirchlichen Organisationen, Wissenschaftler/innen und engagierten Einzelpersonen. Es setzt sich für Reformen gegen Steuerflucht und missbräuchliche Steuervermeidung ein.