Konferenz der Sozialbanken in Brüssel (2. - 4. Juni 2010)

, von Ekkehart Schmidt

Die diesjährige Konferenz der Sozialbanken fand Anfang Juni in Brüssel statt. Die Konferenz stand unter dem Motto "20 years of networking" und wurde von über 50 Vertreter/innen von Banken aus Europa, Amerika und Australien sowie einiger Mikrofinanzinstitutionen aus Afrika und Asien besucht. Das etika-Team war wie in den Vorjahren auch mit dabei (siehe Foto und den Bericht zur Konferenz in Schifflange 2009 unten).


Die Workshops und Plenarsitzungen der Konferenz waren von den Wirkungen der Finanzkrise geprägt. Unter dem Motto "Restoring sense to finance" wurden freilich viele Positivbeispiele alternativer Bank-Konzepte präsentiert. Der enorm starke Anstieg neuer Kontoinhaber bei praktisch allen Sozialbanken gab zwar Anlass zu Optimismus, doch machten sich selbst die Vertretrer/innen solch (mittlerweile) etablierter Banken wie Triodos oder GLS Bank kaum Illusionen, dass noch ein weiter Weg zu mehr Ethik in der Finanz zurück zu legen ist.

Das Programm, die Präsentationen und eine Fotogalerie von der Tagung finden sich hier. Ein englischsprachiger Artikel über die Tagung findet sich hier.

Konferenz der Sozialbanken in Schifflingen/ Lux (22.-25.04.09

Wird der Finanzsektor sozial, profitiert die ganze Gesellschaft

Im Rahmen der Jahrestagung der internationalen Sozialbanken präsentierte etika – Initiativ fir alternativ Finanzéirung verschiedene Facetten der Sozialfinanz. Bei einer Pressekonferenz am 21. April stand neben etika-Präsidentin Magali Paulus auch Giovanni Acquati, einer der prominentesten der rund 50 Delegierten aus rund 35 Ländern, für Fragen zur Verfügung.

Der Ausdruck "Sozialfinanz" klingt ein wenig paradox in einer Zeit, in der täglich die desaströsen Konsequenzen einer Finanzkrise spürbar werden, die das Ergebnis einer ausschliesslich auf kurzfristige Renditen ausgerichteten Investitionspolitik ist. Doch gibt es sie wirklich: Die Vereinigung INAISE (INternAtional Investors in Social Economy) vereint die wichtigsten europa- und weltweit aktiven Sozialbanken. Das Spektrum reicht hier von der Triodos Bank (entstanden in den Niederlanden), der Banca Etica (Italien) und der Gemeinschaftsbank (Deutschland) bis hin zu bescheideneren Strukturen genossenschaftlicher Organisationen oder Vereinen, die in es in allen fünf Kontinenten gibt. Allen diesen Organisationen gemeinsam ist, dass sie ausschliesslich in Aktivitäten mit einem hohen sozialen und/ oder ökologischen Ertrag investieren. Dieses Jahr richtet INAISE ihre jährliche Konferenz im Rahmen des Internationalen Forums "Globalisierung der Solidarität - Lux 09" aus. Hier ergibt sich die Gelegenheit, eine Bilanz zur Aktivität dieser Banken zu ziehen, die den sozialen und ökologischen Mehrwert der von ihnen finanzierten Projekte gleich gewichtet mit deren finanzieller Rentabilität.

Für Giovanni Acquati (Foto, mit Magali Paulus), der nicht nur Begründer des Netzwerks der sozialen und solidarischen Finanzkooperativen MAG (Mutuelle Auto Gestion) in Italien, Mitbegründer und ehemaliger Präsident der Banca Popolare Etica sondern auch ehemaliger Präsident der INAISE ist, liegt das Hauptziel der Sozialfinanz darin, dem Umgang mit Geld einen neuen Sinn zu geben.

Investitionen sollen Mensch und Natur respektieren. "Geld ist ein sehr nützliches ‘Instrument‘ zur Entwicklung von wirtschaftlichen Aktivitäten, das heißt der Erleichterung des Austauschs von Gütern und Diensten zwischen Menschen. Aber es darf niemals ‘Ziel und Zweck’ des Lebens sein", betont er. In einigen Fällen werde Geld als Werkzeug der Mikrofinanz genutzt, doch sei zu betonen, dass diese ein außergewöhnliches Hilfsmittel zur Unterstützung von Armen ist. Für sich alleine könne die Mikrofinanz keine Lösung sein, sondern sei mit anderen sozialen und solidarischen Instrumenten zu verknüpfen. Diese sollten kollektive Organisationsstrukturen unterstützen, so zum Beispiel die Kreditvergabe an Unternehmen, die sich um eine Wiedereingliederung in Arbeit bemühen oder an innovative Technologiefirmen im Bereich der erneuerbaren Energien.

Die Sozialfinanz unterstützt "geduldiges" Kapital: Eine langfristige Vision wird Überlegungen kurzfristiger Rentabilität vorgezogen. Der Frage des finanziellen Nutzens wird jedoch nicht ausgewichen: zahlreiche Produkte der Sozialfinanz bieten eine Performance, die sich mit denen traditioneller Bankprodukte messen können. Kunden der Sozialfinanz - wie auch viele Kunden traditioneller Banken - erwarten sicherlich einen finanziellen Ertrag, doch ist dieser für sie nicht die Hauptmotivation eines Investments: Für sie zählt vor allem das soziale, solidarische und ökologische Ergebnis einer Geldanlage in völliger Transparenz.

Um die Kräfte zu bündeln, planen die Sozialbanken nun die Gründung einer ethischen Bank auf europäischer Ebene nach dem jahrzehntelang erprobten Vorbild der italienischen Banca Popolare Etica. Zurzeit engagieren sich Banken dreier Länder in diesem Prozess: die Banca Popolare Etica (Italien), die Kooperative La NEF (Frankreich) und die Stiftung FIARE (Spanien).

Die vielen in Europa und weltweit erarbeiteten Modelle und über 30 Jahre Erfahrungen zeigen, dass die Ansätze der Sozialfinanz konkrete Alternativen bieten. Dies gilt nicht nur im Maßstab Luxemburgs. "Hier und heute kann jeder sein Geld als Instrument der Solidarität und der Entwicklung nutzen, die Mensch und Umwelt respektieren", schloss etika-Präsidentin Magali Paulus.

Mehr denn je ist dies wahr in Krisenzeiten der Finanzmärkte: Seit Beginn der Turbulenzen im September 2009 erleben die Sozialbanken ein starkes und kontinuierliches Wachstum im Volumen ihrer Spareinlagen. Dies spiegelt eine erhöhte Nachfrage nach Produkten wider, die Rentabilität und Ethik vereinen.

Den Teilnehmer/innen der INAISE-Konferenz bot etika einen Informationsstand zur Sozialfinanz in Luxemburg, ein Bio-Abendessen sowie eine Besichtigung der von etika und der BCEE finanzierten Projekte am Standort Oikopolis (Fotos).

Weitere Informationen: www.inaise.org