Kritik an Deutscher Bank wegen Lebensdauerzertifikaten

, von Ekkehart Schmidt

Die Deutsche Bank gerät wegen eines ethisch zweifelhaften Fonds mit einer morbiden Anlage-Idee erneut in die Kritik: Mit ihrem Fonds „db Kompass Life 3“ bietet sie Anlegern eine Wette auf die Lebenserwartung lebender Personen an. Der Fonds funktioniert in grober Vereinfachung so: Wenn die Referenzpersonen länger leben, verdient daran die Bank. Sterben sie dagegen früh, ist das für die Fondsanleger vorteilhaft.

Ein Schlichtungsverfahren, das der Hamburger Rechtsanwalt Tilman Langer angestrebt hatte, ist nun gescheitert. Die Ombudsstelle des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) lehnte es Anfang Februar 2012 ab. Die Ombudsstelle stellte mit, es sei zuvor nötig, eine grundsätzliche Rechtsfrage zu klären. Ihrer Ansicht nach habe ein Gericht zu klären, ob die Wette auf die Lebensdauer eines ausgewählten Personenkreises sittenwidrig ist. „Bestimmte Menschen werden instrumentalisiert, um Kapitalanlegern oder der Emittentin und den Verkäufern der Anlage eine Rendite zu verschaffen“, kritisierte die Ombudsstelle laut einem "Spiegel"-Bericht. Dies sei mit der Unantastbarkeit der menschlichen Würde kaum in Einklang zu bringen.

"Moralisch unbedenklich"

Die Vertretung deutscher Policenaufkäufer hält dieses Argument indes für unangemessen. Gegen solche Fonds solle nicht als Wette auf den Tod polemisiert werden, sagt Christian Seidl, Vorsitzender des Bundesverbands Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL) gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.). „Das Geschäftsmodell solcher Fonds ist aus unserer Sicht moralisch unbedenklich, sonst könnte man ja auch jeden Rentenversicherer dafür kritisieren, dass er vom frühen Tod profitiert.“ Kaufe ein Fonds eine Police auf, ergebe sich oft für beide ein Vorteil: Der Inhaber könne sie zu einem höheren Preis abgeben, als er vom Versicherer als Rückkaufswert bekäme. Der aufkaufende Fonds könne aus dem fortbestehenden Vertrag eine Rendite erwirtschaften.

Der Unterschied zu den herkömmlichen Produkten des Zweitmarkts besteht nach Erläuterung der FAZ darin, dass die Deutsche Bank in diesem Fall keine Lebensversicherungspolicen aufkaufte, sondern Zertifikate entwickelte, in die der Fonds „db Kompass Life 3“ die Mittel der Anleger investierte. Die Zertifikate basierten laut Informationsbroschüre der Bank auf einem Portfolio aus 500 Personen in den Vereinigten Staaten, die zwischen 70 und 90 Jahre alt sind. Deren Gesundheitsdaten seien vor der Aufnahme in das Referenzportfolio durch zwei externe medizinische Gutachten beurteilt worden.

Diese - nicht aber die ethische Grundsatzfrage - stehen im Mittelpunkt des abgelehnten Schlichtungsverfahrens. Die Anleger werfen der Bank vor, dass die Gutachten auf Basis veralteter Sterbetafeln erstellt worden seien. „Es hat damals schon Sterbetafeln mit einer längeren Lebenserwartung gegeben“, zitiert die F.A.Z. den Anwalt Langer, der 30 Anleger vertritt. Auf Basis der veralteten Sterbetafeln sei von vornherein klar gewesen, dass allein die Bank eine Rendite erzielen könne, fügt er hinzu. Gegen den „db Kompass Life 3“ klagt auch ein Anleger, den die Kanzlei KWAG vertritt.

Die Deutsche Bank ist seit einigen Jahren nicht mehr Mitglied des BVZL. Der Zweitmarkt ist in den vergangenen Jahren deutlich geschrumpft: Zum einen hatten sich Aufkäufer mit der Lebenserwartung verschätzt, länger Beiträge einzahlen müssen als prognostiziert und entsprechend weniger an die Fondsinhaber ausschütten können. Zum anderen waren einige Fonds über Fremdkapital finanziert worden und dadurch in Schwierigkeiten geraten.

Das grundlegende Geschäftsmodell indes verteidigt Seidl: „Für Investoren ist es ein schönes alternatives Investitionsobjekt. Wir kaufen Policen nur dann auf, wenn der Kunde eine Motivation hat, sie zu verkaufen.“ Deutsche Fonds würden auch Kapitallebensversicherungen des Heimatmarktes kaufen und die Policen bis zur Endfälligkeit führen, um die Ablaufleistung zu kassieren. Dabei gehe es aber nicht um eine Spekulation mit der Lebensdauer.

Den Anlegern des Deutsche-Bank-Fonds gehe es nicht darum, ob der „db Life Kompass 3“ gegen die Sittenordnung verstoßen hat, sondern um Prospekt- und Beratungsfehler. Würde ein Gericht das Produkt als sittenwidrig einstufen, müsste die Bank die Verträge mit den Anlegern rückabwickeln, so die Ombudsstelle des Bankenverbandes. In den zwei Tranchen des „db Life Kompass 3“ dürften Anleger insgesamt mehr als 200 Millionen Euro angelegt haben.

Auch andere Institute machen morbide Geschäfte mit Lebensversicherungen. Ein verbreitetes Geschäftsmodell unterscheidet sich allerdings in einem Punkt von den Todeswetten des Deutsche-Bank-Fonds, schreibt der Spiegel. Die Institute kaufen Lebensversicherungen von Amerikanern auf, die ihre Police nicht mehr brauchen und lieber verkaufen, statt sie aufzulösen. Die Geldhäuser spekulieren auf hohe Ausschüttungen, wenn der Versicherte stirbt. Auch hier gilt das Prinzip: je früher, desto höher ist der Gewinn.

Quellen: Spiegel-online (05.02.12), F.A.Z. (07.02.12), Luxemburger Wort (07.02.12)