Vorschläge für ein neues Rahmenwerk des Finanzsektors

, von Ekkehart Schmidt

Alternative Banken schlagen acht Punkte zur Wiederherstellung eines funktionierenden internationalen Finanzsektors vor

Auf Einladung des Internationalen Verbunds der Investoren der Sozialökonomie (INAISE) hat eine Gruppe von Direktoren europäischer alternativer Banken im Dezember 2008 acht Punkte erarbeitet, die aus ihrer Sicht bei der Schaffung eines neuen Rahmenwerks für den Finanzsektor zu beachten sind. Die hier verkürzt dargestellten Empfehlungen basieren auf den Erfahrungen alternativer Banken wie Banca Etica (Italien), Cultura Bank (Norwegen), Ecological Building Society (Großbritannien), Ekobanken (Schweden), Freie Gemeinschaftsbank (Schweiz), Triodos Bank (u.a. Niederlande und Belgien), GLS Bank (Deutschland) und Merkur Bank (Dänemark).

1. Finanzdienstleister haben sich künftig eindeutig an den Bedürfnissen der realen Wirtschaft auszurichten. Maßstab hat eine deutliche Reduzierung solcher Finanz- und Spekulationsinstrumente zu sein, die nicht der realen Wirtschaft dienen.

2. Zur Kontrolle der internationalen Geldwertstabilität gehört neben dem Kampf gegen die Inflation von Konsumgüterpreisen auch die Beachtung von „Inflations“-Risiken in Bezug auf Geldanlagen (Beispiel: Immobilienblase in den USA und Dänemark). Diese Inflation von Investitionskapital beinhaltet eine deutliche Tendenz zur Vergrösserung des Kreditwesens. Dies ist einzudämmen, da die Wirtschaft sonst zu abhängig von der Infusion von Geldern aus Krediten wird.

3. Ethische Finanzen sind nicht kompatibel mit dem Fortbestehen von Ausweichmöglichkeiten zu Finanzplätzen, an denen Regulierungsunterschiede ausgenutzt und das Zahlen von Steuern vermieden werden kann.

4. Das Grössenkriterium, das in nationalen Aufsichtsbestimmungen in Bezug auf die Systemkompabilität von Institutionen gültig ist, sollte auch für die globale Finanz gelten. Es darf nicht möglich werden, dass eine einzelne Finanzinstitution so groß wird, dass ihr Zusammenbruch im Falle einer Krise das ganze System zum Kollaps bringt. Entsprechende Lektionen sollten aus dem Beispiel von Island und den dortigen Banken gezogen werden.

5. Das Reglement zur Tätigkeit der Rating-Agenturen sollte in der Weise verändert werden, dass Interessenkonflikte vermieden werden. In ähnlicher Weise wie die von ihnen beurteilten Institutionen und Produkte sollten auch die Agenturen einer unabhängigen Kontrolle unterworfen sein.

6. Die Transaktionen der Finanzservice-Institutionen haben stärkeren Transparenz-Anforderungen zu genügen. Hierbei sollte das Hauptaugenmerk auf den langfristigen Interessen von Konsumenten und Bürgern liegen, weniger auf denen der Shareholder. Regulierungen sollten allerdings nicht zu einem exzessiven Verwaltungsaufwand bei den beteiligten Marktteilnehmern führen, ohne dass – aus dem Blickwinkel der Bürger - ein realer Nutzen entsteht.

7. Die Ausgestaltung der Produkte sollte einfach sein mit Blick zum einen auf ihre Funktionsweise, zum anderen auf die Vertragsbedingungen. Transparenz ist der Schlüssel nicht nur zum Meistern dieser, sondern auch zum Verhindern künftiger Krisen.

8. Parallel zu diesen Vorschlägen besteht ein hoher Bedarf an Informations- und Bildungskampagnen zu finanziellen Themen. Die Art und Weise in der Geld genutzt, investiert und verzinst wird sowie unsere Gesellschaft prägt und formt ist in deutlich verstärktem Ausmaß in das öffentliche Bewusstsein zu tragen.

Der internationale Verbund (INAISE) wurde 1989 als globales Netzwerk von sozial und ökologisch orientierten Finanzinstitutionen gegründet. Durch INAISE haben im Laufe der Jahre sozial orientierte Investoren von Norwegen bis Südafrika und von Costa Rica bis Japan ihre Kräfte bündeln können, Erfahrungen ausgetauscht und die Entwicklung von Organisationen und Unternehmen fördern können, die sozial verantwortliche Projekte umsetzen.

Etika ist regelmässig auf den Jahrestagungen vertreten, deren diesjährige vom 22. bis 25. April 2009 in Schifflange stattfand. Hier bot etika den anwesenden Sozialbankern eine Fahrt zur Besichtigung von Projekten im Oikopolis in Munsbach an, die über das alternative Kreditmodell gefördert wurden: Biogros, Naturata und Aeppelhaus und lud die Teilnehmer/innen zu einem Abendessen ein (weitere Infos hier).

Auch die GLS-Bank hat im Februar 2009 ein Maßnahmenpaket zu einer Neuordnung der Rahmenbedingungen vorgesschlagen (siehe hier).