Tante-Emma-Laden "Am Duerf" in Schrondweiler

, von Ekkehart Schmidt


















Wie in vielen anderen kleinen Kommunen in Luxemburg, gab es auch in Nommern jahrelang keine Geschäfte mehr. Doch das hat sich im Oktober 2013 überraschenderweise geändert: In Schrondweiler (erstes Foto), eins der drei Dörfer der zwischen Colmar-Bierg und Larochette gelegenen Gemeinde Nommern, die nicht mehr als 273 Bewohnerinnen und Bewohner zählt, gibt es nun wieder ein Lebensmittelgeschäft - aber nicht irgendeines, sondern ein Lokal mit Herz, das anstrebt, auch wieder Kommunikationsmittelpunkt des Dorfes zu werden.

Einiges getan hat sich hier schon seit Mitte 2012. Mit wie viel Neugier und wohlwollendem Interesse die langwierigen, weil behutsamen Sanierungsarbeiten beobachtet worden waren, zeigte sich im guten Besuch bei der Eröffnung am 16. Oktober 2013. Albert Goedert und Nathalie Meiers haben in Schrondweiler ein altes Gebäude erworben, das vom Abriss bedroht war, um es - im Inneren wie in der Außenansicht - mit viel Wert auf den Denkmalschutz vollständig zu renovieren. Dabei haben sie in ähnlicher Weise Wert auf

Energieeffizienz, wie auf die Nutzung ökologischer Materialien gelegt. Mitte 2015 kann eine erste Zwischenbilanz gezogen werden: Es ist nicht nur gelungen, das Haus stilvoll zu renovieren und das neue Lokal zu etablieren. Ein wahres Kleinod ist entstanden, bei dem die Bewahrung der tradition mit zeitgenössischen Ansprüchen kombiniert wurden.

Eigentlich sollte das Haus, ein Café, dessen ältester Teil aus dem Jahr 1780 stammt,

abgerissen und ein Wohnbau errichtet werden. Die Gemeinde aber entschied sich für das Projekt von Nathalie Meiers und ihrem Partner. Die ehemalige Kindergärtnerin hatte nach einer neuen Herausforderung gesucht, als sie sah, dass das alte Café leer stand. "Wir haben wenig verändert und vieles gerettet", sagt sie: Alles, was das gemütliche Flair des Gebäudes ausmachte - der Holzboden, die Stuckdecken und die Eingangstür - blieben erhalten. Dazu wurden auf dem Flohmarkt

alte Lampen und Möbel erstanden, die dem ehemaligen verstaubten Café wieder eine Seele einhauchten - natürlich nicht ohne eine sehr bewusste Prise Retro-Schick. Eine Cousine ihrer Mutter steuerte ein Radio von 1955 bei, das von einem Dorfbewohner repariert wurde. Dazu steht im ersten Stock ein Fernsehgerät von 1963.

Einmal instand gesetzt haben die beiden in diesem Gebäude am Dorfeingang auf zwei

Etagen einen kleinen Lebensmittelladen, eine Ferienwohnung und ein Appartment einrichtet. Ein kleines Dorfcafé, genannt « Kaffistouf », das an sechs Tagen die Woche geöffnet ist, komplettiert den "Tante-Emma-Laden". Ziel ist, hieraus nicht nur einen Ort der Begegnung für das Dorf zu machen, der über keinen solchen mehr verfügt - beispielsweise für Vereinstreffen - sondern gewissermassen das Herz des Dorfes. In dem Lokal wurde schon im frühen 20. Jahrhundert ein Bistro betrieben,

doch konnten sich dessen Nachfolgebetriebe zur Jahrtausendwende nicht halten. Nathalie Meiers wusste, dass sich eine Epicerie nur in Dörfern mit über 1200 Einwohnern rechnet. Sie musste sich also etwas ausdenken, um noch andere Einnahmequellen zu haben. Nicht nur die integrierte Kaffistouf.

Das neue Konzept scheint Erfolg versprechender zu sein: Unter dem Motto "Häerz wat

begiers de!" wird eine gute Mischung geboten: "Zopp & z’Iessen, Kaffi & Séisses, Wunnen & Feieren" wurde weithin lesbar auf die Wand der Epicerie Am Duerf geschrieben. Ob aus dem Dorf ausreichend und regelmässig genug Gäste kommen, so dass hier auch ein Alltagstreffpunkt entsteht, bleibt abzuwarten. Langweilen werden sich Gäste jedenfalls nicht: Zur Not greift man in das Bücherregal und nimmt sich etwas zum Schmökern heraus. Die Kulturkommission der Gemeinde

hat hier eine kleine Bibliothek eingerichtet: Da der Gemeinde die Räumlichkeiten für die Bücher fehlten, stellte Nathalie Meiers ihre Regale zur Verfügung.

"Die Bibliothek funktioniert nach einer Art offenem System. die Leute bringen uns ihre Bücher und leihen aus, was sie möchten", erklärt Nathalie Meiers. Das funktioniert sehr gut, schildert sie bei einem Besuch während einer etika-Velotour im Mai 2015.

Montags finden hier Yogakurse statt, einmal im Monat wird ein Kurs in Klangmeditation angeboten. In regelmässigen Abständen finden hier Flohmärkte für Kinder und Erwachsene, eine Kirmes und Ähnliches statt.Für die Zukunft plant sie auch Lesungen und Konzerte.

Hinter den alten Mauern verbirgt sich freilich durchaus auch moderne Technik. So wird die Abwärme der Kühlschränke an die Bodenheizung weitergeleitet. Das Gebäude wird zudem durch Photovoltaik-Anlagen geheizt, die auf dem Haus der beiden Investoren installiert sind. Nebenan befindet sich auch eine Tankstelle für Elektroautos.

Das Geschäft wurde am 18. November 2013 mit vier Angestellten geöffnet, heute sind es sechs. Das Angebot ist nicht spezifisch bio und fair, wenngleich bei einem Teil der Waren auf Nachhaltigkeit geachtet wird. Viele Waren stammen jedoch aus der Region: zum Beispiel Téi vum Séi und Hunneg, frisches Brot und Wurstaufschnitt.

Albert Goedert, Architekt bei BENG architectes und Nathalie Meiers haben 2012 eine private Immobiliengesellschaft namens « SCI Meiers Goedert Solar » gegründet, um im Januar 2013 einen Investitionskredit von etika und Spuerkeess in Höhe von 650.000 Euro mit einer Laufzeit von zehn Jahren zu erhalten.

Sehen sie hier ein von RTL produziertes Video zum Projekt

Kontakt : Epicerie am Duerf, 17, rue Principale, L-9184 Schrondweiler, Tel. 26 88 32-1, nathalie@epicerie-am-duerf.lu, Homepage

Öffnungzeiten (vor Corona):
 Di bis Fr von 7.30 bis 18.30
 Sa von 7.30 bis 15.00

Den Corona-Lockdown hat das Geschäft leidlich gut überstanden, wie wir uns bei einem Besuch im März 2021 vergewissern konnten. Man hat die Öffnungszeiten angepasst (von 10-11 Uhr ausschliesslich für Risikopersonen), einen Service "to go" für Gerichte eingeführt und einen Verkaufsautomaten vor dem Haus installiert (Foto rechts). Auch die Gästezimmer werden weiter vermietet.

Zitierte Quellen: Das Herz von Schrondweiler (Wort, 29.11.2014; Treffpunkt der Dorfleute (Wort, 20.12.2014), beides "Advertorials".

Das Titelfoto und das vorletzte Foto stammen von Thun Thiefels.
Sie entstanden im Rahmen des Projekts etikamera 2016.

Artikel vom 17. Juli 2013, zuletzt aktualisiert am 22. März 2021