Der folgende Artikel „800 Globalisierungskritiker in Saarbrücken“ erschien in der Wochenzeitung WOXX (Ausgabe vom 8.8.08)
Vom 1. bis 6. August 2008 fand in Saarbrücken die „1. Europäische Attac Sommeruniversität“ (ESU) statt. Unter dem Titel „Ein anderes Europa für eine andere Welt! / Act together now for alternatives“ kamen 800 Teilnehmer/innen aus 27 Ländern – selbst einige aus China, Marokko und den USA - in die Universität des Saarlandes.
Seit 2002 organisiert die globalisierungskritische Organisation Attac in vielen europäischen Ländern große Bildungsveranstaltungen im Sommer: „Miteinander und voneinander lernen, diskutieren, sich austauschen, neue Strategien entwickeln, andere Menschen kennen lernen und zusammen Spaß haben“ - so das Konzept. Nun wurde erstmals eine Sommeruniversität organisiert, um voreinander zu lernen und „Strategien für ein anderes Europa, eine andere Welt zu entwickeln“. Die ESU wird als „ein wichtiger Schritt hin zu europäischer Handlungsfähigkeit sozialer Bewegungen“ gesehen, heißt es.
In 13 Foren diskutierten Sprecher/innen aus unterschiedlichsten Ländern und Gruppen miteinander. Den Teilnehmer/innen der ESU – alte Hasen und junge Hüpfer - boten die Plenarsitzungen eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Kernanliegen von Attac kennen zu lernen. Hauptthemen der Forenstränge waren die Überwindung sozialer Ungleichheiten, die Demokratisierung der Wirtschaft und der EU, Wege zu einem ökologischen Europa und die Rolle Europas in der Welt. Abgedeckt wurde ein breites Themenspektrum von ökologischen Fragen über Militarisierungs- und Migrationsthemen bis hin zu Möglichkeiten der Kontrolle internationaler Finanzströme. In 90 Nachmittagsworkshops hatten die „Attacis“ die Chance, konkrete Alternativen zu neoliberalen Ansätzen in kleinen Gruppen detaillierter zu diskutieren.
Zwar kamen insgesamt 14 nationale Attac-Gruppen aus Europa und Marokko an die Saar, doch war die ESU relativ stark regional verwurzelt. Die Beteiligung aus Luxemburg war allerdings trotz räumlicher Nähe eher gering. Attac Luxemburg war nur zum Auftakt mit einer Präsentation vor Ort. Die Luxemburger Initiativen Action Solidarité Tiers Monde (ASTM) und etika – Initiativ fir Alternativ Finanzéierung präsentierten ihre Ideen und Projekte abends an Infoständen.
An der Abschlussveranstaltung am Mittwoch nahm auch José Bové teil, der Mitbegründer des französischen Bauernverbands Confédération paysanne. Ein Vortrag des kritischen Bauernführers in Saarbrücken vor sechseinhalb Jahren war übrigens, so Saar-Attaci Thomas Schulz, Auslöser der Gründung von Attac Saar. An weiterer Prominenz zu nennen sind der frühere Bundesumweltminister Jürgen Trittin und der Alt-68er Prof. Elmar Altvater. Trittin nahm an einer politischen Talkshow "Sonne, Wind & Co. - neue Energie wandeln das Saarland" teil. Hierbei rief die Attac-Energieexpertin Jutta Sundermann vehement zum „Widerstand gegen die Macht der großen Energiekonzerne“ auf und setzte sich für eine dezentrale Energieversorgung ein. Mit ihr waren sich auch die anderen Podiumsteilnehmer einig, dass Atomkraft weder als Ausweg aus der Energie- noch der Klimakrise geeignet ist. Auf die Kohle allerdings werde man vorerst nicht verzichten können.
Im Vorfeld der ESU war die lokale Bevölkerung behutsam beruhigt worden: „Wir sind keine Steinewerfer“. Und mit Demos auf dem St. Johanner Markt wollte man die Sommerruhe auch nicht stören, sondern blieb im Wesentlichen unter sich auf dem Uni-Campus im Wald über der Stadt.
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