Die Casa Fabiana hat am 4. August 2023 nach fast 13 Jahren ihre Türen geschlossen, die Inhaberin Fabiana Bartolozzi geht in Rente. Es gelang bisher nicht, eine:n Nachfolger:in zu finden. Interessenten können sich mit ihr unter contact@casafabiana.lu in Verbindung setzen.
Ein wenig nervös war Fabiana Bartolozzi durchaus noch, als wir sie im September 2010 kurz vor der Eröffnung ihres Restaurants sprachen. Aber das hatte nur mit dem Kabelsalat im Keller zu tun, den ein Elektriker gerade mühselig entwirrt. Ansonsten war alles fertig.
Der moderne, mit viel Holz und warmen Wandfarben gestaltete Raum bietet bis zu 50 Personen Platz. Fabianas Konzept ist wohl durchdacht und sie konnte sich ihrer Sache sicher sein: Im Luxemburger Bahnhofsviertel, nahe der Büros von Arcelor Mittal und vieler Banken, gibt es ausreichend Nachfrage für eine gute biologische Küche.
Ihr Sohn Sam (auf dem Foto links) hat als Masterarbeit zum Abschluss seines Tourismus- und Hotelleriestudiums gut 500 Personen befragt, die in der Umgebung wohnen oder arbeiten. Mit seiner sehr persönlich motivierten Marktstudie konnte er
seiner Mutter grünes Licht geben. Heute ist er als Leiter von "Microlux" bekannt.
Mit der «Casa Fabiana» hat am 22. September 2010 das insgesamt erst dritte Restaurant in Luxemburg eröffnet, in dem zu 100 % biologisch und weitestgehend saisonale und regionale Lebensmittel verwendet werden. Das Angebot soll „nicht nur natürlich, sondern auch originell“ werden. Mit Sébastien Bert (auf dem Foto rechts) hat sie den richtigen Koch engagiert: Er experimentiert gerne mit Kräutern und essbaren Blumen, die er im Südwesten Luxemburgs sammelt und anpflanzt.
Dazu zählt neben Kapuzinerkresse und Ringelblumen sowie Waldmeister, Zitronenmelisse, Oregano auch wilder Thymian von der „plaine des sorcières“ nahe Steinfort. Im Restaurant verkauft er auch selbst gekochte Marmeladen. Die Früchte kommen aus Steinsel. Es gibt vegetarische Gerichte, aber auch Gerichte mit Biofleisch vom Angus-Rind, Huhn oder Kaninchen.
Fabiana hat sich damit einen Traum erfüllt, dessen Umsetzung fünf Jahre gedauert
hat. Die Gemeinderätin bei der Stadt (1988 bis 1989 und seit 2005), die bis Ende 2009 als Erzieherin bei der Fondation Kannerschloss gearbeitet und von 1990 bis 1996 die Lëtzebuerger Vëlos-Initiativ geleitet hat, wollte „im Leben noch mal etwas anderes machen“.
Zunächst träumte die Mutter zweier Kinder davon, in Südfrankreich eine Pension zu eröffnen, doch dann entschied sie sich doch, sich hier selbstständig zu machen. Sie machte eine sechsmonatige kaufmännische Ausbildung und plante ihr Restaurant. Es dauerte jedoch mehrere Jahre, bis sie das passende Lokal fand: in der richtigen Lage, mit behindertengerechtem Zugang, nicht zu klein und nicht zu groß.
Etika und die Spuerkeess haben für das Gesamtprojekt drei zinsvergünstigte Kredite vergeben: Im Dezember 2009 erhielt Fabiana Bartolozzi einen Investitionskredit über 350.000 Euro für den Kauf eines Ladenlokals in der rue de Bonnevoie (an der Place du Fort Wallis), das dann zu einem Restaurant umgewandelt wurde. Das Haus steht an der Stelle des 1992 geschlossenen „Victory“-Kinos nahe der Avenue de la Gare. Zu diesem Kredit mit einer Laufzeit von 17 Jahren kam im Februar 2010 ein zweiter in Höhe von 108.400 Euro für die Einrichtung der Gasträume und der Küche (Laufzeit von 20 Jahren).
Parallel erhielt die Firma Immonorma als Eigentümerin des Gesamtkomplexes einen weiteren Kredit in Höhe von 47.000 Euros (zurückzahlbar in 17 Jahren), um weitere Umgestaltungsarbeiten des Ladenlokals und der zugehörigen Kellerräume durchführen zu können.
Die „Casa Fabiana“ ist werktags von 10 – 18 Uhr, samstags von 9 – 18 Uhr geöffnet. Abends ist nur bei Reservierung für Gruppen ab 12 Personen geöffnet (Ausnahme: Freitag ist ab 19 Uhr geöffnet). Das vierköpfige Team konzentriert sich auf die Mittagskundschaft und bietet neben einer festen Karte auch wechselnde Stammessen zu Preisen ab 14,90 Euro an. Fabiana serviert selber.
Ihr Traum, dass die Casa ein „gemittlecher“ Ort der Begegnung wird, in dem sich Gleichgesinnte treffen oder nachmittags bei einem Stück Kuchen in Ruhe die Zeitung lesen, hat sich erfüllt. Die Attraktion ist der große familiäre Stammtisch, der etwas erhöht und abgetrennt den hinteren Bereich beherrscht: „Da kann man sich ein bisschen wie in einem italienischen Landhaus fühlen“ - hoffte Fabiana zu Recht.
Nach einem Jahrzehnt lässt sich sagen: Ihr Restaurant läuft mittags sehr gut, besucht wird es von einer nachhaltig denkenden und sehr treuen bürgerlichen Stammkundschaft. Von Mitte März bis Mitte Mai 2020 sowie von Mitte November bis Ende Januar 2021 hatte das Lokal freilich coronabedingt geschlossen. Fabiana verzichtete zunächst auf einen Lieferservice und das Angebot von plats à emporter. Stattdessen erhielten die Stammkunden wöchentlich per Newsletter Rezepte für drei einfach selbst zu kochende Speisen zugeschickt. Während des zweiten Lockdowns kann man nun jedoch Mittagsgerichte abholen oder sich ins Büro liefern lassen. Die Zeit ist nicht einfach, aber die "Casa" wird von ihren treuen Kund*innen nicht im Stich gelassen.
Nachmittags ist das Lokal eher ruhig. Aber man hat sich etwas einfallen lassen: Neben Konzerten bietet die Casa Fabiana auch Gemeinschaftsveranstaltungen einen Raum: So veranstalten die ASTI und UNIÃO eine Konversationsrunde « Zesumme Lëtzebuergesch schwätzen » (Donnerstags von 10-11.30 Uhr).
Seit 2014 bewährt ist auch der tricot-thé, einem Angebot, bei dem Strickbegeisterte jednen zweiten Donnerstag nachmittasg eine Möglichkeit haben, gemeinsam ihrem Hobby nachzugehen und dabei Ideen oder auch Accessoires auszutauschen (siehe Artikel im Tageblatt vom 04.02.2017 rechts und den Flyer). Während des Corona-Lockdowns fällt das Angebot freilich aus.
Die Casa Fabiana wurde am 2018 mit dem - erst zum 2. Mal vergebenen - Publikumspreis des Bio-Agrar-Praïs ausgezeichnet. Ausgezeichnet werden Personen, Organisationen und Betriebe, die im Bereich der biologischen Landwirtschaft tätig sind, oder die besondere Leistungen für die biologische Landwirtschaft in Luxemburg erbracht haben.
Lesen Sie hier ein Interview mit Fabiana aus dem Jahr 2018 und schauen Sie sich zwei von Nyuko 2019 produzierte Interviews an, bei denen sie im ersten erklärt, wie sie Ihre Karte zusammen stellt und im zweiten erläutert, wie wichtig eine externe Unterstützung bei der Betriebsgründung war (alle drei in französischer Sprache).
Kontakt:
Casa Fabiana, 3, rue de Bonnevoie, L-1260 Luxemburg, Tel.: 26 19 61 82, contact@casafabiana.lu, www.casafabiana.lu
Artikel vom 23 September 2010, zuletzt aktualisiert am 7. August 2023