Der AKABO Fashion-Truck

, von Ekkehart Schmidt

Zwar gibt es in Luxemburg mittlerweile gut anderthalb Dutzend Bio-Geschäfte, in denen man Lebensmittel, Kosmetik, Drogeriewaren und Reinigungsmittel bekommt, andere in Bio-Qualität hergestellte Produkte erhält man jedoch nur in einigen wenigen Fachgeschäften, und dies zumeist in der Hauptstadt. Zu nennen sind mehrere Bio-Bäcker, ein Bio-Metzger, ein Bio-Baugeschäft, die sechs Weltbutteker, mehrere Bio-Restaurants, in denen man auch einzelne regionale Produkte erstehen kann (so bei unserem Projekt Casa Fabiana), sowie einem Geschäft für Spielzeug und Geschenkartikel aus nachhaltiger Produktion.

Faire, moderne Öko-Kleidung haben bislang nur drei Geschäfte im Angebot: „Akzente“ im Oikopolis in Munsbach (jetzt Biobau, mit kleinem Angebot), „Nick Nack“ in Ettelbrück (die allerdings nur eine Marke anbieten) sowie das etika-Projekt „Naturwelten“ in Bonneweg (das sich jedoch auf Babykleidung spezialisiert hat und kaum modische Bekleidung für Erwachsene im Angebot hat). Ein ebenfalls in Bonneweg bestehendes Geschäft namens „Minka“ hat nicht überlebt. Auf der Suche nach einer neuen Hose, einem Mantel oder Hemden in Bio-Qualität finden jedoch nur die wenigsten Interessenten den Weg dorthin, sondern gehen lieber in einer Einkaufsstraße mit einer Vielzahl an Geschäften mit einem konventionellen Textilangebot bummeln. Oder bestellen bei einem Versandhaus wie „Waschbär“. Aber das ergibt aus ökologischer Sicht keinen Sinn, kommt es doch zu hohen Versandkosten, umständlichen Rücksendungen und somit einer hohen CO2-Produktion durch den Fernverkehr.

Karel Lambert (Fotos), ein ehemaliger Mitarbeiter der CFL, ist nicht der Einzige, der mit diesem reduzierten Angebot trotz bestehender Nachfrage unzufrieden ist. Aber er ist der Erste, der nun Abhilfe schaffen will. „Am Anfang habe ich mich gefragt: Warum gibt es in Luxemburg BIO- und FAIRTRADE-Lebensmittel, aber kein solches Angebot für junge, trendige, urbane Kleidung?“

Die nächste Frage war für ihn, wie man eine nachhaltige und faire Textilbranche unterstützen und nach Luxemburg

holen kann. Oder selber ein Geschäft eröffnen? „Vorerst müssten wir ein langwieriges Marktforschungsprojekt durchführen, aber dafür wäre der Zeitaufwand viel zu groß. Anschließend müssten wir ein geeignetes Lokal mieten und hätten ziemlich hohe Startkosten …“.

Die – eigentlich naheliegende – Lösung ergab sich dann durch einen Geistesblitz: Ein mobiles Geschäft, also zum Beispiel in einem Bus! Aber natürlich sollte es dann kein konventioneller Marktwagen, sondern ein veritabler und attraktiver „Fashion-Truck“ sein.

Einmal mit dieser Idee schwanger gehend, machte er sich an eine Abwägung: „Die Vorteile des Fashion-Trucks lagen erst einmal auf der Hand: Man kann unmittelbar Marktforschung betreiben, ist mit Blick auf den Standort flexibel, hat niedrige Kosten, ist durch die Mobilität quasi omnipräsent, macht automatisch Werbung und wirkt mit dieser neuen Verkaufs-Methodik modern und innovativ.“

Natürlich ergaben sich Nachteile: „Man braucht einen Fernlaster-Führerschein, muss regelmäßig Standgeld-Kosten zahlen, bei einem technischen Defekt des Busses würde der Verkauf ausfallen, und der Verkaufsraum wäre nur etwa 20 m² groß.“ Einige Zeit später ergab sich für Karel Lambert die Möglichkeit, einen ehemals für Fahrradtransporte genutzten Mercedes-Bus von 1996 zu erstehen, und ließ sich dann mit professioneller Hilfe einen Businessplan erstellen. Das Ergebnis machte Mut: Geht man anfangs von etwa 21 Kunden pro Tag und einem monatlichen Umsatz von 15.000 Euro aus – Werte, die sich im Zuge einer gestiegenen Bekanntheit erhöhen sollen – würde sich das rechnen. Er entschied sich, das Unternehmen zu wagen. Der kostengünstig erstandene Bus wurde für etwa 8.000 Euro repariert und befindet sich zurzeit für Arbeiten an der Inneneinrichtung, für die 45.000 Euro veranschlagt wurden, in Dortmund.

Zugleich wurde das bestehende Angebot an biofairen Modelabeln recherchiert und entschieden, vor allem die Marken Armed Angels, Bleed, Recolution und Room to Roam sowie die Accessoir-Marken Bag to Life oder PINUU anzubieten. Für diese Arbeiten sowie den Kauf eines ersten Sortiments wurde im Oktober bei etika und der BCEE einen Kredit und eine Kreditlinie in Höhe von rund 80.000 Euro (Laufzeit 5 Jahre) angefragt und positiv beschieden. Die Gesamtkosten der Investition belaufen sich auf 94.550 Euro. Bis 2019 soll sie sich amortisieren.

Ein Eröffnungsfest wurde am 4. April 2015 im Skatepark "Park & Ride" in Düdelingen gefeiert, u.a. mit einem Auftritt der Bands "Ice in my Eyes" und "Cluster 5" sowie einer Catwalk Show (Fotos auf Facebook).

Als täglich wechselnde Verkaufsorte stehen seit dem 7. April zunächst die NATURATA-Supermärkte in Düdelingen (Dienstag), Munsbach (Mittwoch) und Erpeldingen (Donnerstag) sowie die drei Wochenmärkte in Beckerich, Esch-sur-Alzette (Freitag) und Luxemburg-Stadt (Samstag) auf dem Programm.

Dazu kommen drei dreitägige Musikfestivals, die jedes Jahr stattfinden: Das „Rock-a-Field“ im Juni in Roeser, „Food for your senses“ im Juli (außer 2015) in Bissen und „ELake“ im August in Echternach. Natürlich kann der Bus auch auf Bio-Messen und bei anderen Gelegenheiten anwesend sein. Man kann ihn sogar zu sich nach Hause oder auf ein Firmenfest Festellen und mit (einer Mindestzahl an) Freunden in Ruhe einkaufen. Die Touren mit regelmäßigen Daten sollen es den Kunden vor allem auch ermöglichen, Bestellungen aufzugeben.

Die Idee des “Fashion Trucks” ist nicht wirklich innovativ - mobile Verkaufsstände kennen wir von jedem Markt und auch die klassische Frittenbude steht meist auf Rädern. Seit 1982 gibt es in Luxemburg auch den "Bicherbus", eine von der Nationalbibliothek eingerichtete Bibliothek auf Rädern.

Aber das Konzept eines mobilen Mini-Geschäfts nach dem Vorbild der amerikanischen “Food Trucks”, die in der Mittagspause in Bürovierteln eine kulinarische Abwechslung bieten, scheint in Mode zu kommen: Heute gibt es neben einem “Food Truck” auch Wagen von “So Food” oder "Karavan", die täglich zwischen Howald, Bertrange und Kirchberg pendeln, um dort Hamburger und anderes “Street Food” anzubieten. Vor allem an Büromenschen richtet sich auch das Massage-

Angebot der Wagen von “Relax-Max”. Das Neue am “Fashion Truck” ist freilich die dahinter stehende Überzeugung, dass fair und ökologisch hergestellte Produkte auch in unkonventioneller Weise Kunden anzubieten sind , für die der Weg in Fachgeschäfte zu umständlich scheint.

Da sich nach einjährigem Betrieb im Sommer 2016 das Konzept bewährt hatte, machte sich Karel Lambert auch daran, ein

konventionelles - also immobiles - Geschäft in Luxemburg-Stadt zu eröffnen. Die in Zusammenarbeit mit Naturwelten in der rue de Bonnevoie (gegenüber der "Casa Fabiana") entstandene Buttek öffnete Ende September 2016 und hat sich gut entwickelt.

Weitere Pläne sind, Recycling- und Upcycling-Boutiquen einzurichten und einen Service „Lease a Jeans“ aufzubauen. An innovativen Ideen mangelt es nicht, die seiner festen Überzeugung nach bevorstehende Revolution einer Bekleidungsindustrie ohne

Ausbeutung von Menschen und natürlichen Ressourcen auch im Handel umzusetzen.

Und was bedeutet eigentlich "Akabo"? Karel lacht, mit etwas bitterer Miene: "Das ist der Name einer indischen Sprache, die jahrelang nur noch von einem Mann gesprochen wurde, der 2010 gestorben ist - die Sprache ist also mit ihm ausgestorben." Er benannte seine Firma nach ihr, ohne dass ein konkreter inhaltlicher Bezug besteht. Ihm gefiel einfach der Klang des Wortes.

Der Akabo-Bus war auch beim etika-Fest am 26. Juni 2016 auf dem Kass-Haff in Rollingen präsent (siehe Foto rechts).

Nacchtrag: Nachdem sich der neue Laden sehr gut entwickelt hat, entschied Karel Lambert im Winter 2019, den Bus vorerst nicht mehr regelmässig zu nutzen und höchstens noch auf Festivals zu fahren. Der Aufwand sei zu gross geworden und die Kunden würden die grössere Auswahl im Geschäft sehr schätzen, sagte er.

Kontakt: Karel Lambert, Aka-Bo sàrl, ethical & responsible clothing, 48, rue du chemin de fer, L-3466 Düdelingen, Tel.: 661 801 259, kareltrotter@hotmail.com, Homepage

Journal-Beitrag über Akabo vom 6. Juni 2015

Artikel vom 1. Dezember 2014, zuletzt aktualisiert am 22. Mai 2019