Die EU muss in Durban zum Motor der internationalen Klimaschutzverhandlungen werden

, von Ekkehart Schmidt

Luxemburg, 25. November 2011. Anlässlich der UN-Klimakonferenz in Durban haben die Organisationen der Plattform Votum Klima ihre Erwartungen an die Verhandlungen erläutert. Um die globale Erwärmung auf maximal 2°C zu begrenzen, muss sich an das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll ein Folgeabkommen mit verbindlichen Reduktionszielen und Fristen anschließen.

Für Votum Klima kommt der EU eine Schlüsselrolle zu, denn sie kann – allein oder gemeinsam mit gleichgesinnten Staaten, wie zum Beispiel der BASIC-Gruppe (1), – den Stillstand bei den Klimaschutz-Verhandlungen beenden. Sie kann durch eigene zielführende Reduktionsverpflichtungen von 40% bis 2020 und 80-95% bis 2050 erneut zum Vorreiter beim Klimaschutz werden und den Weg zu einem neuen globalen Abkommen bereiten. Votum Klima forderte in diesem Sinne die zuständigen Nachhaltigkeitsminister Claude Wiseler und Marco Schank auf, sich dafür einzusetzen, dass die Europäische Union die Erhöhung ihrer Treibhausgasreduktionsziele beschließt.

Votum Klima fordert eine kohärente Klimaschutzpolitik für Luxemburg

Ein weiteres wichtiges Ziele in Durban ist nach Meinung der Organisationen, dass die große Lücke zwischen der Summe der freiwilligen Reduktionsziele, zu denen sich die Staaten nach dem Klimagipfel von Kopenhagen individuell verpflichtet haben, und dem notwendigen globalen Gesamtziel geschlossen werden muss. Denn die bisherige Summe der Zusagen führt zu einer Erderwärmung von weit über 2°C. Zusätzlich muss die ökologische Integrität der Emissionsrechte durch schärfere Kriterien gewährleistet werden. Die Verhandlungen in Durban müssen außerdem sicherzustellen, dass die bis 2012 versprochenen notwendigen Klimaschutzgelder für den grünen Fonds (Green Climate Fund) tatsächlich und zusätzlich zur Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt werden und ein zeitlicher Stufenplan zur Erreichung der für 2020 versprochenen Mittel verbindlich ausgearbeitet wird.

Die EU und ihre Mitgliedsstaaten müssen beim Klimaschutz mit gutem Beispiel vorangehen. In diesem Sinne fordert Votum Klima die Luxemburger Regierung auf, eine kohärente Klimaschutzpolitik zu betreiben, die unserer Verantwortung und Fähigkeit, zu den globalen und europäischen Zielen beizutragen, sowie den Anforderungen der Wissenschaft gerecht wird.

Insgesamt ist die Plattform Votum Klima von der Klimapolitik der Regierung enttäuscht. Dies betrifft zum einen die Tatsache, dass sich die Luxemburger Regierung im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Regierungen (2) bislang noch immer nicht öffentlich für eine Erhöhung des EU-Klimaschutzzieles ausgesprochen hat.

Zum anderen zeigen die rezenten, vom Statec publizierten Zahlen klar auf, dass eine konjunkturelle Erholung der Wirtschaft ausreichte, um den Energiebedarf Luxemburgs 2010 wieder um 6% ansteigen zu lassen. Desweiteren ergaben die im Oktober von der Europäischen Umweltagentur veröffentlichten Schätzungen, dass der CO2-Ausstoß von Luxemburg um mehr als 4% von 11.7 Millionen Tonnen im Jahr 2009 auf 12.2 Millionen Tonnen im Jahr 2010 angestiegen ist.

Ein Ausstieg aus dem aktuellen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell hin zu einer karbonarmen Zukunft fand immer noch nicht statt. Wie auch, angesichts eines fehlenden nachhaltigen Energiekonzeptes, einer enttäuschenden Effizienzstrategie ? Auch die Schaffung des Nachhaltigkeitsministeriums konnte an dieser Tatsache nichts ändern.

Was die nationale Klimapolitik anbelangt, so werden derzeit der 2. Nationale Aktionsplan Klimaschutz und der Klimapakt mit den Gemeinden vorbereitet. Die Organisationen von Votum Klima bezeichnen die vorliegenden Entwürfe als unzureichend. Die Maßnahmen werden nicht ausreichen, um die inländischen Treibhausgasemissionen um 20%, geschweige denn um 30% oder 40% bis 2020 zu verringern (3).

Weder bei der Auswahl der Maßnahmen, die für den Aktionsplan zurückbehalten wurden, noch bei der Festlegung der bisher einzigen konkreten Ausgaben beteiligte die Regierung die « Partner » in der Lenkungsgruppe des Klima-Partenariats.

Der vorliegende Entwurf des kommunalen Klimapakts sieht bisher nur qualitative Maßnahmen vor, wenn auch offenbar seitens des Ministeriums die Bereitschaft besteht, dies zu überdenken. Quantitative Ziele müssen Eingang in diesen Pakt zwischen Staat und Kommunen finden, auch damit diese als Beitrag der Kommunen in die nationalen Verpflichtungen eingerechnet werden können. Dies ist nicht zuletzt aus finanzieller Sicht eine Notwendigkeit, immerhin sollen zwischen 2012 und 2020 um die 76 Millionen Euro in den Klimapakt fließen.

Wie aus dem Gesetzesentwurf für das Budget 2012 hervorgeht, will die Regierung ab 2013 Im Fonds « Climat et Energie » viel mehr Geld für den Einkauf von Emissionsrechten (u.a. für den Einkauf von « heißer Luft » aus den osteuropäischen EU-Staaten) ausgeben als für inländische Maßnahmen. Dies legt den Schluss nahe, dass die Regierung dem Ankauf von Emissionsrechten auch weiterhin die Priorität vor inländischen Maßnahmen einräumt. Die Organisationen vermissen zudem eine soziale Ausrichtung der Maßnahmen, um dem Risiko der Energiearmut entgegenzuwirken.

Mit diesem Aktions- und Budget-Plan wird Luxemburg es nicht schaffen, seinen gerechten Beitrag zur Lösung des globalen Klimaproblems zu leisten und sich auf eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe vorzubereiten.

Weitere Informationen:

Dietmar Mirkes, Action Solidarité Tiers Monde, Tel. 400 427 30, email : klima@astm.lu

Norry Schneider, Caritas Luxemburg, GSM 621 652 762

Martina Holbach, Greenpeace, Tel. 54 62 52 24 / GSM 621 23 33 62

(1) BASIC-Gruppe : Brasilien, Südafrika, Indien, China
(2) Großbritannien, Deutschland, Spanien, Schweden, Dänemark, Portugal, Griechenland
(3) Luxemburg muss bis 2020 seine Emissionen in den Bereichen, die nicht dem europäischen Emissionshandel unterliegen, von rund 10 Millionen Tonnen (2010) auf 8,2 Millionen Tonnen im Jahr 2020 verringern (also eine Verringerung von 1,8 Millionen Tonnen). Demgegenüber beträgt das Einsparpotential laut dem 2. Aktionsplan Klimaschutz nur geschätzte 1 Million Tonnen, von denen 500.000 Tonnen über den Einsatz der hochproblematischen Agrokraftstoffe erreicht werden sollen (siehe hierzu den Entwurf des 2. Aktionsplans, Seite 15-17).

In der Plattform Votum Klima sind folgende Organisationen zusammengeschlossen :

Aide à l’Enfance de l’Inde, Aktioun Öffentlechen Transport, Amnesty Luxembourg, Association de Soutien aux Travailleurs Immigrés (ASTI), Action Solidarité Tiers Monde (ASTM), Attac, bioLABEL, Église Catholique à Luxembourg, Bridderlech Deelen, Caritas Luxembourg, Cercle de Coopération, Conférence Générale de la Jeunesse Luxembourgeoise, Comité de Liaison des Associations d´Etrangers (CLAE), Demeter Bond Lëtzebuerg, Etika, European Antipoverty Network, Eurosolar Lëtzebuerg, Frères des Hommes, Greenpeace, Handicap International, d´Haus vun der Natur, Fondation Hëllef fir d’Natur, Commission Justitia et Pax, Lëtzebuerger Natur- a Vulleschutzliga, Lëtzebuerger Velos-Initiativ, Mouvement Écologique, Natura, SOS Faim Luxembourg, TransFair-Minka, UNICEF