Mehr grüne Investitionen für weniger Pestizide

, von Jean-Sébastien Zippert

Die Wochenzeitung d’Lëtzebuerger Land hat uns im Rahmen unserer 10-Jahr-Feier die Gelegenheit gegeben eine Artikelserie über die verschiedenen Sektoren, die wir in den letzten zehn Jahren finanziert haben zu veröffentlichen. Zwei von diesen Artikeln drucken wir in dieser Ausgabe von etika info ab.

Den Verein etika – Initiativ fir Alternativ Finanzéierung, gibt es bereits seit zehn Jahren. In einer Artikelserie beleuchten wir in einem Streifzug die Evolution der verschiedenen Sektoren in Luxemburg, die etika unterstützt hat. Diesen Monat geht es um die biologische Landwirtschaft.

Seit 1996 engagiert sich etika um die Förderung einer sozial verantwortlichen Finanzwelt. Die Gründer von etika wollten die Zivilgesellschaft für den Mehrwert sensibilisieren, den die Gesellschaft aus dieser Art von Investitionen erwirtschaftet, aber auch den Einwohnern Luxemburgs Finanzprodukte anbieten, die Verantwortung und Transparenz garantieren. Auf diese Weise wurde das alternative Sparkonto in Zusammenarbeit mit der der Banque et Caisse d’Epargne d’Etat, Luxembourg (BCEE) aus der Taufe gehoben. In den letzten zehn Jahren konnten durch dieses über 125 Projekte in diesem Bereich finanziert werden.

Die Idee einer sozial verantwortlichen Finanzwelt ist nicht neu. Die ersten Erfahrungen in diesem Bereich kommen aus der Landwirtschaft. Seit dem 19. Jahrhundert waren es die Raiffeisen-Kassen, die die ersten waren, welche die Kreditrisiken an Landwirte gestreut haben, und ihnen so erspart haben, durch Wucherzinsen in den Ruin getrieben zu werden. In den Zwanziger Jahren hat die Glaubensgemeinschaft der Quäker folgende Regeln aufgestellt: ein finanzielles Engagement in den Bereichen Alkohol, Glücksspiel oder in der Tabakindustrie waren verpönt. Die Quäker haben auch das Konzept der Friedenssteuer eingeführt, die es denjenigen, die das wollten, erlaubte, zu bestimmen, dass ihre Steuergelder nicht zur Finanzierung von Militärausgaben verwendet würden.
In den 70er Jahren forderte die Friedensbewegung „kein Geld für den Vietnam-Krieg und für die Apartheid“. Genau in dieser Zeit entstand en auch die GLS Gemeinschaftsbank in Deutschland. Einige Jahre später öffneten die ersten Finanzinstitute, wie die Ökobank in Deutschland oder die Alternative Bank Schweiz ihre Pforten.
Die Investoren hatten ein klares Ziel: Gewinn erwirtschaften, aber nicht um jeden Preis. Die Umweltver- schmutzung oder die Ausbeutung von Kinderarbeit lassen es nicht zu, dass man sich für oder gegen eine Investition auf rein finanzieller Basis entscheidet.
Rudolf Steiner ist vor allem als Gründervater der bio-dynamischen Bewegung bekannt und dafür die Waldorf-Schulen gegründet zu haben. Wenige Leute allerdings wissen, dass seine Doktrin, die Anthroposophie, auch „ethische“ Banken, wie die Triodos in den Niederlanden, die GLS-Bank in Deutschland oder die Nef in Frankreich inspiriert hat.

Im Nachkriegseuropa litten die Menschen an Mangel an Nahrungsmitteln. Deswegen zielte die Agrarpolitik ausschlieβlich auf eine Steigerung der Lebensmittelproduktion ab. Die entsprechenden Produktionsmethoden wurden zuerst in der nationalen Politik veran- kert, dann in der Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaften. Missernten wurden seltener, dank auch des Kunstdüngers, der zumindest vorübergehend die Auslaugung der Böden kompensierte. Die Verwendung von Kunstdünger, zusammen mit dem massiven Einsatz von Pestiziden reduzierte die Ernteausfälle durch Schädlinge oder schlechte Böden.

Diese intensive Landwirtschaft führte seit den 70er Jahren dazu, dass das Angebot seit den 70er Jahren immer mehr die Nachfrage übertraf. Es hat nicht lange gedauert bis diese Überproduktion die öffentliche Meinung alarmiert hatte. Auf der einen Seite, weil es als ein Skandal angesehen wurde, dass regelmäßig Tausende Tonnen Lebensmittel vernichtet wurden, während Millionen von Menschen verhungern oder an Mangelernährung leiden. Aber auf der anderen Seite auch, weil die negativen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt immer sichtbarer wurden. Der Skandal vor kurzem in den französischen Antillen zeigt das auf traurige Weise. Die Anzahl der Personen, die an einer Lebensmittelallergie leiden oder auch Krebs infolge von Umweltverschmutzung bekommen haben, hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Der Boden, die Wasserläufe und das Grundwasser wurden mehr und mehr mit schädlichen Substanzen verseucht, vor allem Nitraten. Die Artenvielfalt hat einen hohen Preis für diese Verschmutzung bezahlt: Die Nahrungskette vieler Arten wurde durch das Verschwinden etlicher Insekten, die ihre Nahrungsgrundlage bilden, durch den Einsatz von Pestiziden zerstört.
All dies hat viele Menschen dazu bewegt ihre Ernährungsgewohnheiten umzustellen. Die ersten Bio-Läden eröffneten ihre Pforten. Im Laufe der Jahre haben auch die traditionellen Supermärkte ihr Angebot an biologischen Lebensmitteln ausgebaut. In Luxemburg ist NATURATA die einzige Supermarktkette mit insgesamt sechs Läden im ganzen Land mit ausschlieβsslich Lebensmitteln aus biologischem Landbau mit insgesamt sechs Läden im ganzen Land. Diese Supermarktkette wurde von BIOG, einer landwirtschaftlichen Kooperative von 30 Bio-Bauern, gegründet.

Jos Schanck ist ein Pionier des biodynamischen Landbaus in Luxemburg

(Foto: G. Goedert)

War die Sorge vorher vor allem wegen des Einsatzes von Pestiziden und Kunstdünger, kamen später noch weitere hinzu, so zum Beispiel die Krisen, die unter anderem durch die intensive Tierhaltung verursacht wurden, wie die BSE-Krise, die Schweinepest oder die Vogelgrippe. Diese haben das Vertrauen der Verbraucher nachhaltig negativ beeinflusst. Die Freilandversuche mit genveränderten Lebensmitteln, die von 70 Prozent der Bevölkerung abgelehnt werden, hat dieses Unwohlsein nur noch verstärkt.
Bislang gibt es keinerlei Möglichkeiten die Auswirkungen von genveränderten Lebensmitteln auf den Menschen zu testen. Die Verbraucher befürchten negative Langzeitfolgen. Dies ist nicht auszuschlieβssen, da die meisten genveränderten Organismen dazu gebracht werden selbst Pestizide zu produzieren.
Es gibt in Europa bereits Landwirte, die es akzeptiert haben, auf ihren Feldern genveränderte Pflanzen zu testen. Natürlich ist es ein Faktum, dass jede lebende Spezies sich mit der Zeit genetisch verändert. Auf diese Weise passt sie sich an eine sich veränderte Umwelt an. Der Unterschied zwischen einer Transformation und einer gentechnischen Veränderung besteht darin, dass sich erstere langsam vollzieht, während die zweite abrupt im Labor durchgeführt wird. Der menschliche Organismus, der diese gentechnisch veränderten Lebensmittel verzehrt, hat so keine Möglichkeit sich schrittweise anzupassen. Die Bio-Landwirtschaft ist die einzige, die es garantiert keine gentechnisch veränderten Lebensmittel zu produzieren.

Jedes Unternehmen braucht finanzielle Ressourcen, sei es um langfristige Investitionen zu tätigen, sei es um einen vorübergehenden Engpass zu überbrücken. Es ist natürlich richtig, dass traditionelle Banken auch Kredite an Bio-Landwirte vergeben, da es sich aber um einen relativ jungen Markt handelt, und die Betriebe oftmals nur eine kleine bis mittlere Gröβsse haben wird häufig eine Risikoprämie auf den Zinssatz aufgeschlagen. Diese Situation wird noch dadurch erschwert, dass der Markt für Bio-Produkte relativ klein, und dadurch die Volatilität naturgemäβss höher ist, als auf dem Markt für herkömmliche Agrarprodukte. Eine kleine Veränderung in den Konsumgewohnheiten der Käufer kann so enorme Fluktuationen bei den Verkäufen auslösen.
Der relativ kleine Luxemburger Markt erschwert den Vertrieb zusätzlich, und macht substantielle Anfangsinvestitionen notwendig. Die Fixkosteninzidenz ist damit in diesem Sektor höher. Auβsserdem braucht er finanzielle Mittel, um die Vorteile der Produkte den Verbrauchern besser bekannt zu machen, vor allem durch Informations- und Marketingkampagnen.

In einem Zeitraum von zehn Jahren hat sich die Zahl der Bio-Höfe mehr als verdreifacht, die Anbaufläche hat sich sogar versechsfacht. Heute werden rund 2,8 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche biologische bewirtschaftetet, was noch lange nicht ausreichend ist. (Quelle: Administration des Services Techniques de l’Agriculture du Luxembourg)

Seit der Gründung von etika hat der Verein sechs Bio-Landwirtschaftsbetriebe und sechs Bio-Länden unterstützt. Diese Unternehmen konnten so einen günstigeren Zinssatz erhalten. Gegenwärtig profitieren stellt die Produktion und der Vertrieb von Bio-Produkten von 29 Prozent der vergebenen Kredite dar.
Es ist klar, dass die Bio-Landwirtschaft noch einen langen Weg vor sich hat, aber das Wachstumspotential ist groβss, gerade auch weil der Markt klein ist. Die biologische Landwirtschaft ist heute definitiv kein Nischenphänomen mehr, so wie das noch in den 90er Jahren der Fall war.

Vorteile von Bio in Bezug auf dem Klimawandel