Sandrine Pingeon: Direktvermarktung in Münsbach

, von Stéphanie Majerus
















« Ich bin sehr zufrieden mit meinem Konzept der Direktvermarktung, also dem Verkauf meines Gemüses im eigenen Hofladen. Es ermöglicht mir selbst zu bestimmen, welches Obst und Gemüse ich anbaue“, erklärt die munsbacher Gemüsegärtnerin Sandrine Pingeon. Die Produktionsunabhängigkeit sei aber nicht der einzige Vorteil. „Niemand diktiert mir meine Preise, denn ich verkaufe an keine Zwischenhändler“, betont Sandrine. Außerdem sei die Vermarktung der kurzen Wege auch unter einem ökologischen Gesichtspunkt sinnvoll: Sprit für die Transportwege wird eingespart und wenig bis keine Verpackungen fallen an. Vor allem aber ermögliche diese Form des Wirtschaftens den direkten Kontakt zu den Kunden. „Ich kann Sie beraten, ihnen erklären was ich anbaue und sie auf neue Sorten und Geschmacksrichtungen aufmerksam machen“, erläutert die Betriebsinhaberin.

Heute baut Sandrine Pingeon über 60 Gemüsesorten und 3 Obstsorten an. Derzeit haben 160 Haushalte einen Gemüsekorb abonniert, den sie wöchentlich im Hofladen abholen. Das restlich geerntete Gemüse wird an zwei Werktagen – neben weiteren lokal produzierten Waren - im Hofladen verkauft.

Hier schauen ganz unterschiedliche Personen vorbei: „ Alteingesessene Dorfeinwohner, Expats, Personen die im Finanzbereich oder Ingenieurwesen tätig sind sowie Bio-Begeisterte“, umschreibt Sandrine ihre Kundschaft. „Ich möchte auch weiterhin in kleinem Umfang wirtschaften, sonst opfere ich die gesellige Atmosphäre, die momentan tagsüber hier herrscht. Deshalb mache ich kaum Werbung für mein Unternehmen“, erklärt Sandrine. Neben ihr arbeiten noch sechs weitere Angestellte auf dem Hof mit - die meisten allerdings nicht vollzeitbeschäftigt.

Vor 18 Jahren lernte die Landschaftsgärtnerin ihren Lebensgefährten kennen und zog nach dem Abschluss ihres Diploms in der Haute Marne nach Luxemburg. Zunächst arbeitete sie als Verkäuferin in einer Bäckerei, bis ihr der Bezug zu ihrer eigentlichen Ausbildung fehlte. Sie wechselte schließlich zu Co-Labor, wo sie mit Mitarbeitern das Konzept das „Grenge Kuerf“, also des Abo Prinzips auf einen Gemüsekorb, ausarbeitete und unter anderem als Vorarbeiterin die Gärten von Privatleuten pflegt. Schließlich überlegt sie, sich selbständig zu machen und eine Gemüseanbauproduktion in Angriff zu nehmen.

Ihr Mann, der Landwirt in Munsbach ist, ermutigt sie dazu, den Schritt zu wagen. Heute baut sie auf 4 Hektar seines Hofes Gemüse nach den Richtlinien des Bio-Landbaus an.

Im Mai 2012 erhielt sie seitens etika und der BCEE einen ersten Investitionskredit in Höhe von 55.000 Euro zum Kauf von Materialien (Laufzeit 5 Jahre). Ein zweiter Kredit über 50.000 Euros schloss sich im April 2013 an (Laufzeit 5 Jahre). Ferner erhielt sie im September 2014 eine Kreditlinie in Höhe von 5.000 Euro und unbegrenzter Laufzeit.

Die an ein Abo-Prinzip geknüpfte Direktvermarktung hat aber nicht nur Vorteile. „Im Sommer beispielweise geht die Abo-Zahl von 160 Körben manchmal auf bis zu 60 runter. Das erfordert ein Umdenken. Dieses Jahr haben wir deshalb einen Tag der offenen Tür organisiert, um auf diesem Weg Gemüse zu verkaufen. Auch muss man im Voraus planen und die Ernte hinauszögern“, erläutert Sandrine. Die Arbeit als Gemüsegärtner sei allgemein nicht immer einfach und wirtschaftlich nicht ab der ersten Ernte rentabel. „Im Landbau Tätige sind von vielen Variablen abhängig und

besonders auch vom Wetter; wir spüren dies dieses Jahr deutlich“, sagt Sandrine. Daneben seien die Personalkosten hoch - vor allem im Bio-Landbau.

Weitere Hürden für die Entwicklung der Branche sind der durch die Bauland-Spekulation verursachte Preisanstieg von Agrarland und der Mangel an Beratern, die für die jeweiligen Anbaustandorte mit guten Tipps zur Seite stehen. Zudem steigt der Preisdruck durch das Ausland. In Deutschland und den Niederlanden beispielsweise haben sich über die letzten Jahrzehnte Bio-Betriebe etabliert, die in großem Umfang produzieren und so die Stückkosten drücken.

Etika vergibt jährlich einen Preis in zwei verschienden Kategorien. In diesem Frühjahr erhielt Sandrine Pingeon den 1. Preis in der Kategorie „unabhängige Projekte“ als Anerkennung für ihr Engagement und ihr Geschäftsmodell.

In ihrer Belgien-Luxemburg-Edition für das Jahr 2018 kürte die Redaktion des renommierten Restaurantführers "Gault¬Millau" im Oktober 2017 Sandrine Pingeon als neue Persönlichkeit des Jahres. Sie habe "dank der Ausnahmequalität ihrer Produkte das Vertrauen der meisten großen Köche in Luxemburg gewinnen" können, hiess es. Unser Foto rechts zeigt sie als zweite von links neben ausgezeichneten Köchinnen und Köchen (Quelle des Fotos: Delano). Sehen sie unten einen einminütigen Film über ihre Arbeit als Gemüsegärtnerin, der von Gault&Millau produziert worden ist.

Bei einer Radtour haben wir Sandrine am 24. Juli 2016 besucht. Mehr Infos dazu hier.

Kontakt: 266, rue principale, 5366 Münsbach, Luxembourg, Tel: (+352) 691 300 901, info@lespaniersdesandrine.lu, Homepage

Artikel vom 10. November 2015, letzte Aktualisierung am 13.11.2017