Stellungnahme zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP)

, von Ekkehart Schmidt

Pressemitteilung von "Meng Landwirtschaft"*

EU-Agrarreform: Auf EU-Ebene gescheitert, in Luxemburg noch retten, was zu retten ist

Luxemburg, den 28. Juni 2021. Nach monatelangen Verhandlungen und mit einem Jahr Verspätung konnte zwischen EU-Parlament, Ministerrat und Kommission ein Kompromiss gefunden werden, wie die 385 Milliarden öffentliche Gelder für die nächste Agrarperiode 2021-2027 ausgegeben werden sollen. Umwelt- und kritische Agrarverbände können nur enttäuscht sein von dem Resultat. Es hätte besser ausgehen können, aber die EU-Agrarminister und auch viele EU-Abgeordnete haben zukunftssichernde und ambitionierte Maßnahmen, Standards und Ziele mit Füßen getreten und verwässert. Dies ist eher eine ernste und traurige Angelegenheit im Hinblick auf die Zielsetzungen des EU-Green Deals mit klaren Vorgaben zu Klimaschutz, Biodiversität und nachhaltiger Wirtschaft.

Direktzahlungen über Flächenprämien (291 Milliarden der 1. Säule) bleiben weitgehend bestehen, nur 25% der Auszahlungen sind an sogenannte Eco-Schemes (Ökoprogramme) gebunden, die dann auch noch durch Sonderregelungen reduziert werden können. Die ersten beiden Testjahre sehen nur 20% vor. Das EU-Parlament hatte 30% vorgeschlagen und ohne Testphase. Die Höhe der Subvention hängt demnach wieder von der Größe des Betriebes ab. Es steht auch noch nicht fest, welche ökologische Leistungen die Bauern hierfür erbringen müssen. Wie diese Ökoprogramme ausgestaltet werden sollen, bleibt letztlich den EU-Staaten überlassen.

Das restliche Geld wird über die sogenannte zweite Säule für Programme zur Förderung des ländlichen Raums ausgegeben. Darunter fallen Biolandwirtschaft, sowie Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen , die dann ab 2023 gelten sollen.
Der verkündete Erfolg für mehr Ökologie und Klimaschutz wird mit diesen angekündigten Maßnahmen sicherlich nicht eintreten. Man hat versagt, genauso wie bei den vergangenen Reformen. Die Stärksten am Markt werden sich weiterhin behaupten können zu Lasten der Kleineren.

Es gibt keine klaren Bekenntnisse zu mehr Bio-Landbau, zu mehr Fruchtfolge, mehr Biodiversität, mehr Wasserschutz, mehr Erhalt von kleineren und mittelständigen Familienbetrieben, zu besseren sozialen Bedingungen für Arbeiter in der Landwirtschaft, u.a.. Dabei besteht seitens der EU-Kommission mit dem Green Deal eine klare Vorgabe, um die Landwirtschaft klimagerechter zu machen. Der EU-Rechnungshof hatte vor wenigen Tagen einen Bericht veröffentlicht, wonach die 100 Milliarden Euro der letzten Periode, die für den Klimaschutz bestimmt waren, nicht dazu geführt haben, dass die Landwirtschaft klimafreundlicher geworden sei. Ein Bericht des letzten Jahres hatte auch einen großen Misserfolg bei den Biodiversitätsprogrammen ausgewiesen.

Mit dieser GAP wird keine Agrarwende herbeigeführt, sondern es wird weitere 7 Jahre „Business as usual“ geben. Sieben weitere verlorene Jahre für die Gestaltung einer resilienten und biologisch ausgerichteten Landwirtschaft.

Welche Position Luxemburg bei den Verhandlungen eingenommen hat, ist uns im Detail nicht bekannt; der Strategieplan von Landwirtschaftsminister Romain Schneider ist ebenfalls bislang unbekannt. Dabei hat die EU-Kommission Ende 2020 wichtige Kritikpunkte bezüglich der luxemburgischen Landwirtschaft angeführt und Luxemburg aufgefordert angesichts des zu hohen Ausstoßes von Treibhausgasen (v.a. Methan, Stickoxide) und Ammoniak, der hoher Nitrat- und Phosphateinträge, des unbefriedigenden Zustands der Oberflächengewässer und des Grundwasserkörper, u.v.m. drastische Korrekturen vorzunehmen.

Wir fordern den Landwirtschaftsminister Romain Schneider eindringlich auf den nationalen Spielraum beim Strategieplan voll auszunutzen, und zwar zu Gunsten einer Landwirtschaft für Luxemburg, die dem Gemeinwohl dient und die der komplexen Aufgabe der Landwirtschaft gerecht wird: Erhaltung von kleineren und mittelgroßen Betrieben und Möglichkeiten einer Umorientierung im Sinne einer resilienten und enkeltauglichen Produktion (weniger Milch und Fleisch, Verzicht auf chemisch-synthetische Dünge- und Spritzmittel, flächengebundene Tierhaltung und kreislauforientierte Wirtschaftsweise) mit mehr Biodiversität und Klimaschutz, mehr Bio-Landbau und auch mit mehr Sicherheit und Einbindung der Bäuerinnen und Bauern in die Gestaltung unserer Zukunft."

Kontakt:
Raymond Aendekerk; raymond.aendekerk@greenpeace.org; Tel.: 661 54 62 52
Mathieu Wittmann; m.wittmann@naturemwelt.lu; Tel.: 29 04 04 311

* Meng Landwirtschaft: natur&ëmwelt a.s.b.l., Vereenegung fir Biolandwirtschaft Lëtzebuerg a.s.b.l., Greenpeace Luxemburg, Action Solidarité Tiers Monde, SOS Faim Luxembourg, Mouvement Ecologique, Caritas Luxembourg, Aide à l’Enfance de l’Inde et du Népal, attac, CELL, Cercle de Coopération, Emweltberodung Lëtzbuerg, Eglise catholique à Luxembourg, etika, Fairtrade Lëtzebuerg, Frères des Hommes, Lëtzebuerger Landesverband fir Beienzucht, Ligue CTF, SEED und Slow Food Luxembourg

Meng Landwirtschaft hat mit dem Dokument „Landwirtschaft 2.0, Ein Plädoyer für eine Neue Agrarpolitik in Luxemburg“ eine umfangreiche Dokumentation zum Thema erstellt.