Die US-Regierung will ein Dutzend Großbanken wegen unlauterer Hypothekengeschäfte auf Schadenersatz in Milliardenhöhe verklagen. Wie die "New York Times" am 1. September unter Berufung auf drei mit der Sache vertraute Personen berichtete, ist neben der Bank of America, JPMorgan Chase, Goldman Sachs, HSBC auch die Société Générale und die Deutsche Bank betroffen. Die Klagen gingen auf Vorladungen an Banken im vergangenen Jahr zurück.
Die US-Aufsichtsbehörde Federal Housing Finance Agency (FHFA, der die staatlichen Immobilienfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac unterstehen, wirft insgesamt 17 Instituten vor, beim Verkauf von Hypotheken-Papiere auf dem Hoch des Immobilienbooms in den USA falsche Angaben über die Kreditwürdigkeit der Schuldner gemacht zu haben. Damit hatten die Banken sozusagen das Risiko der Papiere heruntergespielt - unter Mithilfe der Rating-Agenturen, welche die Anlagen mit zu guten Noten ausgestattet hatten.
Investmentbanken hatten die Hypothekarkredite finanzschwacher Schuldner als komplexe und "sichere" Wertpapiere gebündelt und weltweit verkauft. Als im Frühjahr 2007 die Immobilienblase platzte, wurden diese sogenannten Subprime-Papiere – also Papiere von minderer Qualität – für Finanzinstitute in aller Welt zum Problem. Hunderttausende amerikanische Schuldner hatten trotz schwachem Einkommen und fast ohne Sicherheiten Baukredite erhalten. Auf solchen Subprime-Krediten basierende Wertpapapiere waren lange Zeit sehr beliebt, weil sie hohe Zinsen versprachen. (Erwartbare) Zahlungsausfälle der Schuldner hatten dann aber zum Wertverfall der Papiere beigetragen. Als die Blase allerdings platzte, kamen viele Finanzinstitute ins Trudeln.
Fannie Mae und Freddie Mac hatten zum Teil aufgrund dieser Geschäfte mehr als 30 Milliarden Dollar verloren, die dann vom amerikanischen Steuerzahler getragen werden mussten. Dem Bericht zufolge sollen die Klagen in den nächsten Tagen vor Bundesgerichten eingereicht werden.
Laut "New York Times" will die Justiz die Grossbanken nicht zu einem Rückkauf der Ausfallpapiere zwingen, sondern Entschädigungszahlungen an Fannie Mae und Freddie Mac durchsetzen. Auf die betroffenen Grossbanken kommen der Zeitung zufolge Schadenersatzforderungen von 20 Milliarden Dollar zu.
Im Juli hatte die FHFA bereits die Schweizer Großbank UBS auf 4,5 Milliarden Dollar Schadenersatz verklagt. Der Vorwurf: UBS soll den staatlichen US-Immobilienfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac minderwertige Hypotheken-Papiere angedreht haben.
Die Praktiken der Banken, Ratingagenturen und Politikberater waren Hauptthema des oskarpreisgekrönten Dokumentarfilms "Inside Job", den etika im Juli in einer Sondervorführung in Luxemburg gezeigt hatte.
Die Deutsche Bank ließ durch einen Sprecher erklären, dass alle von der FHFA gegen sie erhobenen Vorwürfe "unbegründet und haltlos" seien und man sich "mit allen Mitteln gegen die Klage zur Wehr setzen" werde. "Fannie and Freddie" seien zudem "der Inbegriff erfahrener Investoren", sagte der Sprecher.
Die Banken haben seit Beginn der Finanzkrise damit argumentiert, die Verluste der Baufinanzierer seien auf die allgemeine Wirtschaftskrise zurückzuführen gewesen. Ausserdem seien die beiden Institute ausreichend erfahren gewesen, um alle Risiken einschätzen zu können.
Die Deutsche Bank ist wegen ihrer mutmaßlich dubiosen Immobiliengeschäfte - Verkauf von Schrottimmobilien und wertlosen Hypotheken - noch in weitere Verfahren in den Staaten involviert, die sich nach Auffassung von US-Juristen über Jahre hinziehen könnten, berichtet die "taz" (mehr zur Deutschen Bank hier).
Auch Briten ermitteln
Wegen des Verdachts auf Betrug nimmt auch eine britische Aufsichtsbehörde die Deutsche Bank und andere Banken unter die Lupe. Die Klagen könnten den Banken Milliardenschäden einhandeln. Die Untersuchung des Serious Fraud Office (SFO) solle Beweise dafür liefern, das Finanzinstitute ihren Kunden beim Verkauf von forderungsbesicherten Wertpapieren in Großbritannien falsche Informationen lieferten, berichtet die Financial Times (lesen Sie hier den Artikel vom 5. September).