Von Durban nach Rio: Artikelserie von Votum Klima

, von Ekkehart Schmidt

Nach der internationalen Klimakonferenz im südafrikanischen Durban im November 2011 findet im Juni 2012 in Rio de Janeiro (Brasilien) das 20jährige Jubiläum des Weltgipfels („Earth Summit“) der Vereinten Nationen statt, die sogenannte „Rio+20“-Konferenz. In der Rio-Deklaration von 1992 wurde erstmals das Recht auf nachhaltige Entwicklung verankert. Als unerlässliche Voraussetzungen hierfür wurden u.a. die Bekämpfung der Armut, die Verringerung nicht nachhaltiger Konsum- und Produktionsweisen sowie die umfassende Einbeziehung der Bevölkerung in politische Entscheidungsprozesse genannt. Außerdem wurden mehrere Konventionen verabschiedet, darunter die Klima-Rahmenkonvention. Deren Ziel ist es, den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen soweit zu reduzieren, dass der gefährliche Klimawandel und seine verheerenden Folgen für Mensch und Natur begrenzt werden können.

Aus diesem Anlass analysiert „Votum Klima“ in einer Artikelserie „Von Durban nach Rio“ bis Juni im Luxemburger Wort folgende Themen zu Klimaschutz, sozialer Gerechtigkeit und nachhaltiger Entwicklung: die aktuelle EU-Klimapolitik, die Problematik von Agrokraftstoffen, Halbzeit bis zur nächsten Klimakonferenz in Qatar, die internationale Klimaschutzfinanzierung, der Emissionshandel mit „heißer Luft“, Klimagerechtigkeit und Verwundbarkeit („Vulnerabilität“) sowie die „Rio+20“-Konferenz.

„Votum Klima“ ist ein Bündnis von 30 Luxemburger Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus den Bereichen Umwelt- und Naturschutz, Entwicklung, Landwirtschaft, im sozialen Bereich tätige NGOs, Menschen- und Tierrechts-NGOs sowie der katholischen Kirche und etika. „Votum Klima“ wurde im Jahr 2009 gegründet. Ein Hauptanliegen der Initiative ist es, die Bedeutung des Klimaschutzes für Wirtschaft und Gesellschaft, internationale Entwicklung, globale Gerechtigkeit und damit auch für den weltweiten Frieden zu verdeutlichen.

Teil 1:

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“

Die aktuelle Klimapolitik der EU schadet nicht nur den Menschen und der Umwelt, sondern verhindert den Wandel der EU zu einer zukunftsorientierten Volkswirtschaft

Am morgigen Freitag, 9. März, werden die 27 Umweltminister der EU über den zukünftigen Kurs beim Klimaschutz diskutieren. Obwohl die Zeit drängt, ist zu befürchten, dass die Umweltminister erneut keinen Durchbruch erzielen werden. Die EU ist durch Handlungsunfähigkeit gekennzeichnet, verursacht durch die Eigeninteressen einiger weniger Staaten und energieintensiver Industriezweige. Dabei wurde mehrfach belegt, dass eine ambitiöse Klimapolitik zum Vorteil für Europa ist.

Die EU will ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 20% verringern. Aus wissenschaftlicher Sicht reicht dieses Ziel jedoch nicht aus. Die Industriestaaten müssen ihre Treibhausgase um mindestens 30%, besser noch um 40% bis 2020 verringern. Seit der Kopenhagener Klimakonferenz im Dezember 2009 diskutiert die EU darüber, ob sie unilateral ein Reduktionsziel von minus 30% bis 2020 beschließen soll, d.h. selbst wenn andere große CO2-Verursacher sich nicht zu weitergehenden Klimaschutzverpflichtungen bereit erklären.

Klimaschutz in Europa: Gefahr des Stillstands

Die Europäische Umweltagentur kommt zu dem Ergebnis, dass die EU ihr Reduktionsziel bereits zu einem großen Teil erreicht hat: 2010 lagen die Emissionen um 15,5% niedriger als 1990. Fachleute gehen davon aus, dass die restlichen Reduktionen durch die Umsetzung der Energieeffizienzziele erreicht werden. Demgegenüber hat der Emissionshandel, das Flaggschiff der EU-Klimapolitik, versagt. Für große CO2-Emittenten ist es einfacher, billige Emissionsrechte zu kaufen, anstatt in klimafreundliche Produktionsmethoden zu investieren. Obwohl in allen Sektoren große CO2-Einsparpotentiale (1) vorhanden sind, ist die Gefahr groß, dass in den nächsten 8-10 Jahren beim Klimaschutz in der EU nicht viel geschehen wird.

Klimaschutz: „Win-win-win“-Strategie für Ökologie, Ökonomie und Soziales

Dies wird sich zum Nachteil für die Wirtschaft und die privaten Haushalte in Europa auswirken. Die Verringerung unseres Energieverbrauchs und unserer Treibhausgasemissionen ist nicht nur für den Klimaschutz wichtig. Die Abhängigkeit der EU von Energieimporten und die steigenden Energiekosten belasten zunehmend die Wirtschaft. Für immer mehr Haushalte, die ihre Strom- und Heizungsrechnungen nicht mehr begleichen können, wird „Energiearmut“ zu einem ernsthaften Problem. Führende Forschungsinstitute (2), etwa 100 europäische Großunternehmen (3) und der Europäische Dachverband der Baugewerkschaften (4) haben wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Erhöhung der EU-Klimaschutzziele dringend notwendig ist, um die Innovation in der Wirtschaft und die Schaffung von Millionen neuer, zusätzlicher Arbeitsplätze in Europa zu fördern.

EU in Sachen Klimaschutz de facto handlungsunfähig

Anfang Februar hat die EU-Kommission eine Kosten-Nutzen-Analyse zur Erhöhung des Klimaschutzzieles vorgestellt (5). Die Analyse kommt zu dem Schluss, dass alle EU-Staaten von einem ambitiöseren Klimaschutzziel profitieren würden. Doch der morgige Umweltrat wird erneut keine strengeren Klimaziele bis 2020 beschließen. Stattdessen stehen die „Meilensteine“ der EU-Klimapolitik bis 2030, 2040 und 2050 auf der Tagesordnung...

Die Umweltminister Deutschlands, Englands, Dänemarks, Schwedens, Spaniens, Griechenlands und Portugals hatten sich im März 2011 für strengere Klimaschutzziele ausgesprochen (6). Seit Anfang dieser Woche unterstützen die drei Regionen Belgiens das 30%-Ziel. Eine ambitiöse europäische Klimapolitik scheitert am Widerstand einiger Länder, wie z.B. das von der Kohleindustrie dominierte Polen. Und Länder, die sich bedeckt halten, bringen den Prozess auch nicht vorwärts - wie zum Beispiel Luxemburg.

Die ambivalente Position Luxemburgs

Die Luxemburger Regierung hat sich bislang nicht öffentlich für eine Erhöhung der EU-Klimaschutzziele ausgesprochen. Diese Haltung steht im Widerspruch zu den Aussagen von Premierminister Jean-Claude Juncker, der Anfang 2010 anlässlich einer Unterredung mit Votum Klima strengere europäische Klimaschutzziele unterstützt hatte.

Votum Klima fordert die Luxemburger Regierung auf, sich in der EU für strengere Klimaschutzziele einzusetzen und hierzulande eine entsprechende Klimapolitik einzuleiten. Auch in Luxemburg belasten steigende Energiepreise zunehmend die Haushalte und die Wirtschaft. Ein „Ja“ unserer Regierung zu einer ambitiösen Klimapolitik bedeutet ein „Ja“ zu einer zukunftsorientierten Energie- und Wirtschaftspolitik für Europa und für Luxemburg.

Zum Weiterlesen:

(1) A Roadmap for moving to a competitive low carbon economy in 2050. European Commission.

(2) A New Growth Path for Europe. Generating Prosperity and Jobs in the Low-Carbon Economy. Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, Oxford University, Sorbonne University, E3M Lab, European Climate Forum. Commissioned by the German Federal Ministry for the Environment, Nature Conservation and Nuclear Safety

(3) Joint Business Declaration: Increasing Europe´s climate ambition will be good for the EU economy and jobs

(4) www.bwint.org

(5) Analysis of options beyond 20% GHG emission reductions: Member State results. European Commission.

(6) www.guardian.co.uk/2011/mar/14

Teil 2

WARUM AGRARKRAFTSTOFFE KEINE LÖSUNG SIND

Sogenannte „Biokraftstoffe“ werden als zukunftsweisende Lösung gegen Energieknappheit und Klimaerwärmung angepriesen. Ihr vermeintlich grünes Image verblasst jedoch bei näherer Betrachtung: negative Klimabilanz, Umweltschädigungen, Hunger, Vertreibung, Menschenrechtsverletzungen und Landnahme sind die Folge. Anstatt von „Biokraftstoffen“ zu reden, ziehen zivilgesellschaftliche Akteure deshalb die Bezeichnung „Agrokraftstoffe“ vor.

Die Problematik der Agrokraftstoffe ist für Luxemburg von besonderer Brisanz. Luxemburg ist nämlich verpflichtet, bis zum Jahr 2020 11% seines Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien zu decken. Der im August 2010 vorgestellte nationale Aktionsplan sieht demnach vor, etwa 46% dieses Ziels durch die Beimischung von Agrokraftstoffen zu Diesel und Benzin zu erreichen. Die EU-Direktive für Erneuerbare Energien sieht vor den Anteil der erneuerbaren Energien auf mindestens 20% bis 2020 zu steigern. Für diese Umsetzung wird ein zusätzlicher Flächenbedarf von bis zu 69.000 Quadratkilometern benötigt, was der 27-fachen Fläche Luxemburgs entspricht.

Negative Klimabilanz und Umweltschädigungen

Agrokraftstoffe werden heute fast ausschließlich auf Basis von Nahrungsmittelpflanzen wie Raps, Soja, Palmöl, Getreide oder Mais hergestellt. Die Produktion großer Mengen von Agrokraftstoffen führt zu sogenannten „indirekten Landnutzungsänderungen“, z.B. wird die eigentliche Nahrungsmittelproduktion in andere Gebiete ausgeweitet. Diese Landnutzungsänderungen gehen nicht selten zu Lasten von Regenwäldern, Grünland, Torfland, Feuchtgebieten und anderen kohlenstoffreichen Ökosystemen. Durch die Vernichtung von Vegetation und die Trockenlegung von Böden wird der gespeicherte Kohlenstoff freigesetzt. Diese indirekte Landnutzungsveränderungen werden aber bis jetzt nicht in die Gesamtrechnung integriert.

Die EU-Ziele zur Steigerung des Agrokraftstoffverbrauchs bis zum Jahr 2020 verursachen laut einer Studie des Instituts für Europäische Umweltpolitik (IEEP) [1] allein aufgrund der indirekten Landnutzungsänderungen zusätzliche Treibhausgasemissionen in Höhe von bis zu 56 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das entspricht bis zu 26 Millionen zusätzlichen Autos auf europäischen Straßen. Fazit: durch die EU-Agrokraftstoffpolitik werden bis zu 167 Prozent mehr CO2 freigesetzt als durch fossile Kraftstoffe.

Probleme im Süden: Hunger und Vertreibungen

Von den Befürwortern wird oft argumentiert, dass die steigende Nachfrage nach Agrokraftstoffen in Entwicklungsländern zur Armutsbekämpfung beitragen würde, da den lokalen Bauern ein Einkommen gesichert sei. Dies entspricht allerdings keinesfalls der Wahrheit, denn es handelt sich vor allem um großflächige Monokulturen, die von Großkonzernen bewirtschaftet werden.
„Die Besitzer der 800 Millionen Autos weltweit werden mit den 1,2 Milliarden Menschen, die von weniger als einem Dollar am Tag leben, um dieselben Lebensmittelrohstoffe konkurrieren.“ schreibt Jean Feyder, Luxemburgs Botschafter bei der UN in Genf, in seinem Buch „Mordshunger“. Nur 47 Prozent der Weltgetreideernte dienen der Nahrungsmittelproduktion. Der Rest wird für Tierfutter und industrielle Zwecke, wie z.B. Agrokraftstoffe verwendet. Dass gleichzeitig eine Milliarde Menschen hungern ist ein Skandal.

Der steigende Bedarf der Treibstoffpflanzen kann demnach dazu führen, dass Lebensmittel knapp und sehr teuer werden. Spekulationen mit Agrarprodukten an den globalen Kapitalmärkten haben Grundnahrungsmittel für die arme Bevölkerung vielerorts bereits unbezahlbar gemacht. Studien gehen davon aus, dass während der weltweiten Hungerkrise 2008 je nach Land 30 bis 70 Prozent dieser Preissteigerungen auf die riesige Nachfrage an Agrokraftstoffen zurückzuführen war. Die Gefährdung der Nahrungssicherheit trifft die Ärmsten besonders hart und erhöht das Risiko von Hungeraufständen.

Menschenrechtsverletzungen und Landnahme

Laut dem UN Sonderberichterstatter für das Recht auf Ernährung Olivier De Schutter, führt der stark zunehmende Anbau von Energiepflanzen für die Produktion vor Agrokraftstoffen zu Menschenrechtsverletzungen. Der Landhunger der großen Agrar- und Energiekonzerne bringt gewaltsame Vertreibungen der indigenen Bevölkerung und Kleinbauern, sowie Landenteignungen und gar Ermordungen mit sich. Vom Anbau betroffen sind bereits mehr als hundert Länder weltweit [2]. Allein in Indonesien sind bis 2025 26 Mio. Hektar Ölpalmplantagen geplant, dass einer Fläche von 100-mal die Größe Luxemburgs entspricht. In den fünf afrikanischen Ländern Äthiopien, Ghana, Madagaskar, Mali und Sudan werden 1.1 Millionen Hektar (entspricht der Fläche von Belgien) für die Produktion von Agrokraftstoffen geopfert. 90% davon geht durch die Hände von einigen wenigen Privatinvestoren und wird integral exportiert. Diese Ernten stehen dann der lokalen Bevölkerung nicht zur Nahrungsmittelzufuhr zur Verfügung [3]. Außerdem unterstützen wir mit unserem Treibstoffhunger Sklavenähnliche Arbeitsbedingungen und Ausbeutung auf Agrokraftstoff Plantagen.

Empfehlungen

Die Organisationen von Votum Klima appellieren an die politisch Verantwortlichen in Luxemburg, sich auf EU-Ebene für eine Verschärfung der ökologischen Nachhaltigkeitskriterien für Agrokraftstoffe sowie für strenge soziale und Menschenrechtsstandards einzusetzen. In diesem Zusammenhang fordern die Organisationen, dass die Konsequenzen der indirekten Landnutzungsänderungen in die Treibhausgasbilanzen der Kraftstoffe einbezogen werden müssen.

Ausserdem ist es an der Zeit, neue zukunftsfähige Mobilitätskonzepte zu fördern, u.a. auf Basis der Bevorzugung des öffentlichen Transports sowie durch geeignete Maßnahmen zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs bei Automobilen und Transportfahrzeugen.

1) IIEP - Institute for European Environmental Policies (2010). Anticipated Indirect Land Use Change Associated with Expanded Use of Biofuels in the EU – An Analysis of Member State Performance. www.ieep.eu
2) Évaluation de l’impact de l’expansion des cultures pour biocarburants dans les pays extracommunautaires, Monique Munting, Centre Tricontinental, novembre 2010.
3) IIED - International Institute for Environment and Development (2009). Land Grab or Development Opportunity: International Land Deals in Africa. pp 41-5

Teil 3

DIE ZEIT VERRINNT .... UND DAMIT AUCH DIE GLAUBWÜRDIGKEIT

In Durban konnte die EU nach außen ihr Image wahren, Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel zu sein. Geholfen hat ihr dabei eine vorher nie dagewesene, überraschende Allianz mit den kleinen Inselstaaten (AOSIS) und den am wenigsten entwickelten Ländern . Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, aber ob dieser kurze Flirt von Dauer ist, darf bezweifelt werden:

Da die bis Durban genannten freiwilligen Reduktionsziele eine Summe ergaben, die weit entfernt von dem wissenschaftlich festgestellten notwendigen Ziel ist, um eine Erderwärmung von über 2° zu verhindern, vereinbarten die Staaten in Durban einen Arbeitsplan, um diese Lücke zu schliessen. Sie sollten bis Ende Februar 2012 Pläne und Aktionen vorschlagen, wie dies geschehen könnte. Der kleine pazifische Inselstaat Nauru tat dies im Namen der Allianz der kleinen Inselstaaten. Nauru stellt zunächst fest, dass der Klimawandel bereits jetzt, bei einer Erwärmung von unter 1° C, massive Schäden mit sich bringt, und daher über 100 Staaten der Welt sich für ein Ziel von maximal +1,5° ausgesprochen haben. Das Erreichen selbst des 2°-Zieles setze voraus, dass entweder die in der Klimapflicht stehenden Länder ihre eigenen Reduktionsziele bedingungslos erhöhen oder die zahlreichen Schlupflöcher geschlossen werden, die vor allem der Emissionshandel bietet. Man darf sich fragen, wie denn die EU diesen Forderungen ihrer Partner mit ihrem derzeitigen 20%-Ziel für 2020 zur Erreichung des 2°-Ziels gerecht werden will.

Im November 2011 verabschiedete der Weltklimarat den Sonderbericht zu extremen Wetter- und Klimaereignissen, der seit dem 28.3.12 von seiner Website heruntergeladen werden kann. [4] Er bestätigt, dass seit 1950 Hitzewellen, Starkregenereignisse und extreme Küstenhochwasser zugenommen haben und in naher Zukunft die Intensität an Wirbelstürmen, Dürren, Erdrutschen und Gletscherseeausbrüchen in Hochgebirgen steigen wird.

Auf dem Hintergrund solcher Erkenntnisse ist es nicht verwunderlich, dass die Anfang April 2012 im ostafrikanischen Nairobi zum „Cartagena Dialogue for Progressive Action“ [5] zusammengekommenen 80 Delegierten aus 40 Ländern – darunter viele Umweltminister aus afrikanischen und anderen Staaten der ärmsten Ländern - betonten, dass es kein Zurück hinter ein globales Abkommen mit verbindlichen Zielen gebe. Der gastgebende kenianische Umweltminister Chirau Mwakwere wies daraufhin, dass Kenia und das Horn von Afrika, aber auch die westliche Sahelregion in immer kürzeren Abständen von Dürren heimgesucht würden.

Die Delegierten wurden von der Generalsekretärin der UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, aufgefordert, Texte für den nächsten Klimagipfel in Doha auszuarbeiten, die auf eine Balance zwischen Klimaschutz und global gerechtem Zugang zu nachhaltiger Entwicklung zielen. Auch hier darf man sich fragen, inwieweit die EU überhaupt Verständnis für die Entwicklungsbedürfnisse der ärmsten Länder hat, denn sie beinhalten, dass die Industrieländer den Entwicklungsländern mehr Platz für ihre Emissionen in der Atmosphäre lassen – und dafür reichen die 20%-Reduktionen nicht.
Frau Figueres beklagte sich außerdem darüber, dass der gesamte Aufbau des vereinbarten Green Climate Funds, mit dessen Geldern die Industrieländer den Entwicklungsländern bei der Reduktion ihrer Treibhausgase und der Anpassung an die Folgen des Klimawandels helfen sollen, auf der Stelle tritt, weil die Geldgeber ihre Vertreter nicht benennen und schlicht und einfach die zugesagten Gelder im Fonds fehlen. [6]

Solange die EU ihr veraltetes 20%-Ziel nicht substantiell und bedingungslos nach oben revidiert, auf den Green Climate Fund vorantreibt und vor allem Gelder dafür bereitstellt, sind die Voraussetzungen, für den Fortbestand der Koalition mit den Inselstaaten und ärmsten Ländern nicht gegeben. Die Glaubwürdigkeit der EU verrinnt mit der Zeit immer mehr.

Und Luxemburg?

Wegen unseres hohen Pro Kopf-Ausstosses an Treibhausgasen und unserer wirtschaftlichen Stärke ist es an uns - gemäss dem Prinzip der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“ der Klimarahmenkonvention - einen besonderen Beitrag zu den globalen und europäischen Zielen zu leisten. Vom reichsten Land der EU darf man mehr erwarten als die Fixierung auf Schlupflöcher innerhalb der EU und auch mehr Initiative als von einem Winzling wie Nauru. Wo bleibt der Luxemburger Aktionsplan für das 30%-Ziel? Wo bleibt der Stufenplan der luxemburgischen Regierung für die Jahre 2013-2020 für seinen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung?

4) www.ipcc-wg2.gov/SREX
5) Der « Cartagena Dialogue for Progressive Action » ist ein loser informeller Zusammenschluss von rund 40 Staaten, die sich als „Koalition der Willigen“ verstehen, um in informellen Diskussionskreisen den Prozess hinzu global verbindlichen Reduktionen vorantreiben wollen. Er wurde als Reaktion auf das Scheitern von Kopenhagen im März 2010 gegründet.
6) Die EU kann sich bisher noch nicht einigen, welche ihrer 13-14 Kandidaten sie für die 6-7 Sitze nominiert.

Teil 4

DIE ABWÄRTSSPIRALE AUS ARMUT UND VERWUNDBARKEIT GEGENÜBER DEM KLIMAWANDEL

Auf dem Meeresboden einer Lagune in vier Metern Tiefe unterzeichneten 2009 der maledivische Präsident und seine 13 Kabinettskollegen im Vorfeld der Weltklimakonferenz von Kopenhagen in einer symbolischen Kabinettssitzung einen Aufruf an die internationale Gemeinschaft zur weiteren Reduzierung des CO2-Ausstoßes (Foto: AP). Steigt der Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 bis zu 59 Zentimeter, wäre die flache Inselgruppe unbewohnbar.

Verwundbarkeit

Steigende Temperaturen haben heute schon verheerende Auswirkungen, und der Klimawandel droht die Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) zu untergraben. Vielerorts verlieren die Menschen ihre Lebensgrundlagen und rutschen tiefer in die Armut. [7] Über Generationen überliefertes Wissen, etwa um mit lang anhaltenden Trockenheiten zurechtzukommen oder die wenigen Regenwochen eines Jahres sinnvoll zu nutzen, reichen häufig in diesem neuen Kontext nicht mehr aus. Die Klimaforschung hat den Begriff der "Verwundbarkeit" definiert, um darauf zu schließen, wer von den Folgen des Klimawandels besonders betroffen sein wird. Verwundbarkeit ist das Ausmaß der Gefährdung, den negativen Folgen des Klimawandels ausgesetzt zu sein, bzw. der Unfähigkeit, sich dem Charakter und der Intensität des Wandels anzupassen.

Die Auswirkungen des Klimawandels trifft in der Regel die am stärksten die am wenigsten und häufig überhaupt nicht zu der Krise beigetragen haben. Gemäss dem Globalen Klima-Risiko-Index gehören Bangladesch, Myanmar und Honduras sowie die beiden Zielländer der Luxemburger Kooperation Nicaragua und Vietnam zu den im Zeitraum von 1991-2010 von Wetterextremen meistbetroffenen Ländern. [8] 97 Prozent der durch Naturkatastrophen verunglückten Menschen befinden sich in wirtschaftlich schwach entwickelten Ländern. Konflikte, Ressourcenmangel und Klimawandel bedrohen dort in ihrer gefährlichen Verbindung laut Weltklimarat bereits die Lebensgrundlagen von mindestens 260 Millionen Menschen jährlich. [9]

Vier Milliarden Menschen sind langfristig durch den Klimawandel gefährdet, insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent, in Südasien und auf kleinen Inselstaaten. Menschen, die von kleinbäuerlicher Landwirtschaft leben gelten als extrem gefährdet, weil deren Erträge sehr wetterabhängig sind, oder weil sie keinen Zugang zu sozialen Sicherungssystemen, Bildung und Gesundheitsfürsorge haben. Oft sind sie sozial ausgegrenzt und von politischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen, was mitunter relevant ist wenn es um Maßnahmen zur Bewältigung von Klimafolgen geht. Laut dem Human Impact Report migrieren heute bereits 26 Millionen Menschen aus Klimagründen, bis 2050 könnten es mehr als 200 Millionen Menschen sein. [10]

Anpassung

Die Anpassung an den Klimawandel stellt Entwicklungs- und Industrieländer vor große gesellschaftliche, institutionelle, finanzielle und technologische Herausforderungen. Die Verringerung der Verwundbarkeit und damit die Förderung der „Resilienz“, d.h. dem "Abfederungsvermögen" von Systemen gegen äußere Störungen, ist das Ziel Anpassungsstrategien an den langfristigen Klimawandel. Dabei dürfen die Menschen im Süden mit der Bewältigung der Folgen nicht auf sich gestellt gelassen werden, denn sie haben oft nicht die Möglichkeit, sich an die veränderten Wetterbedingungen anzupassen um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Anpassungsmaßnahmen betreffen insbesondere die Bereiche Wasser- und Ressourcenmanagement, ländliche Entwicklung, Frühwarnsysteme, Katastrophenvorsorge und Ernährungssicherung. Die Revitalisierung einer kleinbäuerlichen, diversifizierten Land-, Weide- und Forstwirtschaft scheint in den vielen Fällen langfristig eine viel versprechende Alternative zur kapital-, pestizid- und energieintensiven Agrarwirtschaft zu sein.

Hausaufgaben

Die bis zur Weltklimakonferenz in Durban 2011 genannten freiwilligen Reduktionsziele der Staaten führen die Welt auf einen Pfad der weit entfernt ist von dem wissenschaftlich festgestellten notwendigen Ziel ist, um eine Erderwärmung von über 2° zu verhindern. Damit ist zu befürchten, dass die Anpassungskosten in Entwicklungsländer ins Unermessliche steigen werden. Obwohl viele Entwicklungsländer bereits Maßnahmen ergreifen zur Anpassung an klimabedingte Katastrophen, ist eine ausreichende finanzielle und institutionelle Unterstützung durch die Industrieländer erforderlich, um die Katastrophenvorsorge und Widerstandsfähigkeit der ärmeren Länder weiter zu stärken. In diesem Zusammenhang wurde die Operationalisierung des Green Climate Fund in Durban beschlossen, ein wichtiger Schritt, um langfristige Unterstützung zu fördern. Doch damit der Fonds wirksam planen und arbeiten kann, sind rasch substanzielle Finanzzusagen der Industrieländer erforderlich. Dies würde auch das Vertrauen der Entwicklungsländer erhöhen, dass die zugesagten Mittel von 100 Milliarden Dollar ab 2020 tatsächlich bereitstehen werden. Allerdings steht bis jetzt offen, woher das Geld kommen soll – bis zur nächsten UN-Klimakonferenz in Katar Ende 2012 müssen die Mitgliedstaaten ihre Zahlen auf den Tisch legen.

Von der Luxemburger Regierung ist zu erwarten, dass sie, gemäss dem Prinzip der „gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung“ der Klimarahmenkonvention, einen Aktionsplan für das Luxemburger 30%-Ziel sowie einen Stufenplan für die Jahre 2013-2020 für den Beitrag Luxemburgs zur internationalen Klimafinanzierung mit Blick auf eine umfassendere und ehrgeizigere Entscheidung bei der nächsten UN-Klimakonferenz vorlegt.

7) Vgl. INTERGOVERNMENTAL PANEL ON CLIMATE CHANGE (2012): Managing the Risks of Extreme Events and Disasters to Advance Climate Change Adaptation. A Special Report of Working Groups I and II of the Intergovernmental Panel on Climate Change;
8) GERMANWATCH (2012). Der Klimaschutz-Index 2012. http://germanwatch.org/de/3525;
9) INTERGOVERNMENTAL PANEL ON CLIMATE CHANGE (2007): Climate Change 2007 – IPCC Fourth Assessment Report;
10) Siehe GLOBAL HUMANITARIAN FORUM (2009). Human Impact Report: Climate Change — The Anatomy of a Silent Crisis. Genf 2009 und MEYERS, N. (2001), Environmental Refugees: A Growing Phenomen of the 21st Century. Oxford
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Teil 5

« HEIßE LUFT » UND NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

In Bonn endete am 25. Mai der erste Klima-Zwischengipfel nach Durban. Er klärte vor allem organisatorische, aber kaum inhaltliche Fragen für den nächsten Klimagipfel in Doha in Katar. Viele Probleme – insbesondere rund um den Handel mit Emissionsrechten – wurden vertagt. Der im Juni anstehende 20. Geburtstag des Erdgipfels bietet Anlaß genug, die Rolle der sogenannten « Heißen Luft » als Teil des Emissionshandels und der Luxemburger Klimapolitik im Lichte der aktuellen Klimapolitik und der Kriterien nachhaltiger Entwicklung zu betrachten.

« Heiße Luft » im Überfluß

Staaten, die ihr Reduktionsziel nicht durch inländische Maßnahmen erreichen, dürfen zusätzlich Emissionsrechte einkaufen - aus sog. CDM- und JI-Projekten (von denen hier nicht weiter die Rede sein wird) und eben tonnenweise « Heiße Luft ». Daher versüßten die « alten » EU-Staaten den ehemaligen Ostblock-Staaten sehr bewußt den Beitritt zur EU: Diese durften das EU-Reduktionsziel von –8% von 1990 bis 2012 übernehmen, wobei beiden Seiten klar war, dass die Emissionen der zusammengebrochenen Ostblock-Wirtschaften bis 2012 von selbst viel stärker als –8% sinken werden. Tatsächlich liegt der Schnitt der Emissionen aller « Übergangsökonomien » bei -36,7% von 1990 bis 20091. Die Differenz zum –8%-Ziel ist « heiße Luft » in der EU – also Rückgänge der Emissionen, die sich ohne eigenes Zutun von selbst ergeben haben. Nimmt man noch die « heiße Luft » aus Russland, Weißrußland und der Ukraine hinzu (deren Reduktionsziel 0% beträgt), beläuft sich die globale Summe der überschüssigen « heißen Luft » in den Industriestaaten auf etwa 7,5 – 10 Mrd Tonnen CO2 (etwa das 800fache der aktuellen jährlichen Emissionen Luxemburgs).

Ein Hauch von Grün

Um anhaltender Kritik an ihrem lukrativen Verkauf von Millionen Tonnen «Heißer Luft » zu begegnen, entwickelten die neuen EU-Mitglieder « Green Investment Schemes » - Klimaschutzprogramme, die mit den Einnahmen daraus finanziert werden. Allerdings « begrünen » diese nur einen kleineren Teil der verkauften Rechte (gegenwärtig sind um die 20% üblich); der weitaus größere Teil ist pure « Heiße Luft » zum alleinigen Zweck, Emissionen der Käuferstaaten auf dem Papier grünzuwaschen. Und dies, obwohl Artikel 6 [11] des Kyoto-Protokolls ausdrücklich festhält, dass nur solche Emissionsrechte von anderen Staaten erworben werden können, die aus Reduktionsprojekten stammen.

Eine Gefahr für die ökologische Integrität der Reduktions-Ziele
Das Angebot an « heißer Luft » für die Kyoto-Periode ist weit größer als die Nachfrage. Daher stellt sich die – auch in Bonn – nicht geklärte Frage, wieviel von den ungebrauchten Tonnen « heißer Luft » die ehemaligen Ostblockstaaten in die zweite Verpflichtungsperiode (2013 bis 2020) übertragen dürfen. Bei 100% könnten die anderen Industriestaaten durch deren Ankauf etwa ein Drittel ihrer (eh schon zu niedrigen) freiwilligen Reduktionsziele bis 2020 abdecken : das offizielle EU-Ziel von –20% würde zum faktischen Zielchen von –14% mutieren. Dieses Problem gefährdet die ökologische Integrität und Glaubwürdigkeit der EU-Klimapolitik. Kein Wunder also, dass vor allem die vom Klimawandel am meisten betroffenen Staaten diesen Schwindel nicht mitmachen werden: Die Africa Group verlangt im Namen 50 afrikanischer Staaten, dass nur 1% der nicht genutzten Tonnen « heißer Luft » übertragen werden dürfen. [12] Die Position der Gruppe der kleinen Inselstaaten ist ähnlich. Und wo steht dabei Luxemburg ?

Luxembourg goes shopping

Luxemburg hat bis 2011 für die Kyoto-Periode bereits für rund 48 Mio € schätzungsweise über 6 Mio Tonnen an « heißer Luft » aus Estland, Litauen und Tschechien eingekauft, von denen nur etwa ein Fünftel durch reale aktuelle Klimaschutzaktionen im Rahmen der « Green Investment Schemes » gedeckt sind; vier Fünftel – also knapp 5 Mio Tonnen – sind pure « heiße Luft ».

Damit nicht genug : Im Budgetentwurf des Finanzministers für den Kyoto-Fonds sind für den Ankauf weiterer « Heißer Luft » für 2012 20 Mio Euro und in den vorläufigen Budgets für 2013 – 2015 zusammen weitere 100 Mio € vorgesehen. Mit diesen 120 Mio € könnte die Regierung nach derzeitigen Preisen (max. um die 6 €) bis 2015 mindestens 20 Mio Tonnen « Heiße Luft » einkaufen, also über 5 Millionen pro Jahr - viel mehr, als erlaubt ist.

Das EU-Reduktionsziel von – 20% bis 2020 verpflichtet Luxemburg, seine Emissionen gegenüber dem prognostizierten Business-as-usual bis 2020 um 2,8 auf 8,2 Mio Tonnen schrittweise zu verringern [13]. Das angenommene nationale Einsparpotential beträgt nur rd. 1 Mio Tonnen, das erlaubte Volumen der pro Jahr einkaufbaren Emissionsrechte beläuft sich auf 0,38 Mio Tonnen. Die verbleibende Lücke von 1,42 Tonnen möchte die Regierung also offensichtlich mit « Heißer Luft » füllen (als seien dies keine Emissionsrechte). Der Gedanke liegt nahe, dass die Regierung daran interessiert ist, dass möglichst viel überschüssige « Heiße Luft » in die nächste Vereinbarungsperiode übertragen werden kann.

Wo bleibt die « Nachhaltige Entwicklung » ?

Vergleichen wir einmal den Umgang der Regierung mit Emissionsrechten mit den Ansprüchen von Nachhaltigkeit, die sie vor 20 Jahren in Rio unterschrieb [14] :

 Ökologische Nachhaltigkeit : Luxemburg wird bis zum Ende der Kyoto-Periode seine Reduktionsverpflichtungen um über 85% durch den Ankauf von Emissionsrechten abgedeckt haben (etwa ein Drittel davon ist « Heiße Luft ») – also weitgehend ein Null-Summenspiel ohne Beitrag zum globalen Klimaschutz. Wir Luxemburger werden die Kyoto-Periode beenden als pro Kopf-Weltmeister im Ankauf von Emissionsrechten und weiterhin viel mehr emittieren als die Atmosphäre verträgt und uns pro Kopf zusteht. Der Klimawandel wird durch diese Politik nicht aufgehalten.

 Die Wahrung gleicher Lebensbedingungen für künftige Generationen: Unsere gegenwärtige fossile Struktur von Ökonomie und Gesellschaft wird zementiert, die Verpflichtung, den Weg zu einem « low-carbon development» einzuschlagen, wird ignoriert. Das Problem wird nicht gelöst, sondern einfach über mehrere Wahlperioden in Richtung nächste Generation verschoben, deren Lebensbedingungen durch den Klimawandel und die höheren Kosten seiner Bekämpfung verschlechtert werden.

 Gerechtigkeit innerhalb der heute lebenden Generationen : Emissionsrechte einkaufen heißt, andere die Arbeit machen lassen. Dies widerspricht diametral dem Kernprinzip der auch in Rio beschlossenen Klimarahmenkonvention der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeit für den Klimawandel und Fähigkeit, zur Lösung dieses Problems beizutragen. Der Klimawandel belastet vor allem die ärmeren Schichten in den Entwicklungsländern. Der Ankauf der Emissionsrechte nagelt uns in der Abhängigkeit vom Öl und seinen Produkten fest, deren steigende Preise für Grundbedürfnisse wie Autofahren und Heizen immer größere Anteile an der Kaufkraft absorbieren (der Preis von Heizöl hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt). Das Kriterium der Gerechtigkeit innerhalb einer Generationen wird nicht erfüllt.

 Transparenz und Partizipation: Nachhaltige Entwicklung setzt Transparenz des Regierungshandelns und Partizipation der Gesellschaft voraus. Eine überprüfbare Information der Öffentlichkeit über die « Luxemburger » Emissionsrechte durch das Nachhaltigkeitsministerium, findet aus eigener Initiative nicht statt (nur unter dem Zwang parlamentarischer Anfragen). Dies widerspricht dem Regierungsprogramm (« Le Gouvernement continuera de mener une politique d’information et de sensibilisation en matière de l’environnement et du développement durable. »), und selbst das UN-Klimasekretariat hat im April 2011 Luxemburg ermahnt, die öffentliche Zugänglichkeit von Informationen sei nicht ausreichend. [15]
Eine Beteiligung der Zivilgesellschaft findet nur rudimentär statt, noch nicht einmal durch zugelassene Beobachter. Eine Effizienz- oder Fehlerkontrolle durch Dritte ist unmöglich. Die Kriterien von Transparenz und Partizipation sind nicht erfüllt.

Was nun ?

Das Ende der ersten Verpflichtungsperiode naht, und bei voraussichtlichen Ausgaben von um die 200 Millionen Euro für Emissionsrechte steht eine Evaluierung der Effizienz dieses Politikbereiches und seiner Prozeduren an. Der derzeitige Mitteleinsatz des Kyoto-Fonds vor allem für Emissionsrechte ist längst durch die Klimapolitik überholt worden – er muß an die neuen Rahmenbedingungen durch die Agreements von Cancun und Durban angepasst werden. Dies bedeutet Vorrang für Ausgaben für Klimaschutzmaßnahmen im Inland und in Entwicklungsländern sowie für Anpassungsmaßnahmen für die Opfer des Klimawandels.
Mehr Transparenz und mehr Partizipation sollten eigentlich eine Selbstverständlichkeit in der nächsten Verpflichtungsperiode sein.
Dann hätte der 20.Geburtstag des Erdgipfels von Rio einen Anstoß geleistet, dass dieser Bereich der Klimapolitik ein Stück nachhaltiger wird und wirkt.

QUELLEN :
11) IEA (Hg.) : CO2-Emissions from Fuel Combustion, Highlights 2011, siehe www.iea.org;
12) Draft submission by the Africa Group to the AWG-KP on carry-over of surplus assigned amount units from the first to the second commitment period, AOSIS : Revised surplus approach, 2012;
13) Ewringmann, D. : Entwurf : 2. Nationaler Aktionsplan Klimaschutz, Sept. 2011 (Vorlage für die Lenkungsgruppe des Klima-Partenariats);
14) ASTM/CPMT/Info-Video-Center/Mouvement Ecologique : 12 Thesen zur nachhaltigen Entwicklung in Luxemburg, Luxemburg April 1999;
15) UNFCCC : Report of the individual review of the annual submission of Luxembourg submitted in 2010*, 1.4.2011, www.unfccc.int.

Anmerkungen

[1i)

[2ii)

[3iii)

[41

[52

[63

[77)

[82)

[99)

[1010)

[1111)

[1212)

[1313)

[1414)

[1515)