OIKOPOLIS gründet Stiftung

, von Ekkehart Schmidt














OIKOPOLIS ist Luxemburgs zweites Unternehmen mit eigener Stiftung
Erklärtes Ziel: die Förderung einer ökologischen und zugleich sozialen Landwirtschaft

Anlässlich der Gründung ihrer gemeinnützigen Stiftung lud die OIKOPOLIS-Gruppe am 9. April zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion über stifterisches Engagement nach Munsbach ein. Als Redner geladen waren Nikolai Fuchs, Vorstand der GLS Treuhand e.V., Pierre Ahlborn, Geschäftsführer der Banque de Luxembourg, Pit Reckinger, Präsident der André Losch Fondatioun sowie Marc Elvinger von der Kanzlei ELVINGER HOSS PRUSSEN und ehemaliger etika-Präsident). Übereinstimmend gratulierten sie zur Stiftungsgründung. Der Anstoß dazu ging auf Gastgeber Änder Schanck, Vorstandsvorsitzender und Gründer der OIKOPOLIS-Gruppe, zurück (Foto oben stehend).

Die Stiftung – ein Instrument zur Stärkung des Gemeinwohls

Die Stiftung ist eine Einrichtung, die mit Hilfe eines Vermögens sinnstiftend tätig wird. Sie baut auf dem Verständnis, dass Eigentum nicht der persönlichen Bereicherung dient, sondern gemeinnützige Zwecke fördern soll. Laut Nikolai Fuchs ist sie damit ein „Instrument, um im kapitalistischen System die Weichen ein Stück weit in Richtung Gemeinwohl zu stellen“. Noch besser wäre es natürlich, so Änder Schanck, das Gemeinwohl nicht nur „auf Umwegen“ über eine Stiftung zu fördern, sondern direkt am Unternehmensmodell anzusetzen. Hierfür bedürfe es aber neuer Rechts- und Anreizsysteme für „sich selbst gehörende Unternehmen“, bei denen nicht primär die Gewinn-, sondern die Gemeinwohlmaximierung im Vordergrund steht.

OIKOPOLIS-Stiftung will Boden neutralisieren und landwirtschaftlich nutzen

Idee der OIKOPOLIS Foundation ist aus dem Anliegen entstanden, die biologische Landwirtschafts- und Ernährungskultur langfristig und auf ganzer Linie zu fördern – angefangen bei der ökologischen Samenzüchtung bis hin zur Stärkung solidarischer Kooperationsformen zwischen Bauern, Händlern und Konsumenten. Eines der zentralen Ziele ist die Entwicklung neuer Eigentumsformen für die Bodennutzung. In Luxemburg befinden sich rund 60 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche nicht im Besitz von Landwirten. Boden- und Pachtpreise sind in den letzten Jahren teils ins Unermessliche gestiegen.

Die neue Stiftung soll Grund und Boden „neutralisieren“, d.h. der privaten Vererbung und Spekulation entziehen, um ihn Bauern und Landwirtschaftsgemeinschaften zu vernünftigen Pachtpreisen zur Verfügung zu stellen. Fuchs bekräftigt diese Vision: „Privateigentum an Grund und Boden ist nicht der Weisheit letzter Schluss, sondern eine historische Übergangszeit. Boden ist, wenn man genau darüber nachdenkt,
ein Allgemeingut – so wie Luft und Wasser.“

Luxemburgs Stiftungspotenzial noch nicht ausgeschöpft

Die Banque de Luxembourg setzt sich seit fast 20 Jahren für die Philanthropie ein. Sie war auch maßgeblich an der Gründung der Fondation de Luxembourg (FDL) vor zehn Jahren beteiligt. Diese verwaltet als Dachstiftung rund 140 Mio. Euro aus dem In- und Ausland. Während sich viele kleinere Stiftungen unter dem Dach der FDL ansiedeln, gibt es in Luxemburg genau genommen nur zwei komplett eigenständige, wenn auch sehr unterschiedliche „Unternehmensstiftungen“: die André Losch Fondatioun und die OIKOPOLIS Foundation.

Dabei haben unternehmensgebundene Stiftungen sehr positive Auswirkungen auf das Arbeitsklima, weiß Pit Reckinger aus Erfahrung. Der größte Automobilhändler Luxemburgs gehört zu 100 Prozent der Losch-Stiftung, welche u.a. Kinder und Jugendhilfswerke unterstützt. Die über 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zufrieden und motiviert, weil sie wissen, dass sie für einen guten Zweck arbeiten.

Trotzdem wird es Unternehmensstiftungen in Luxemburg nicht immer leichtgemacht. Es braucht einen Anwalt und einen langen Atem. Das Justizministerium prüft die Gemeinnützigkeit sehr genau, so Marc Elvinger, der auch die OIKOPOLIS-Gruppe bei der Stiftungsgründung beraten hat. Auch Pierre Ahlborn zufolge ist das Potenzial der Philanthropie in Luxemburg noch lange nicht ausgeschöpft: „Der Privatsektor könnte die öffentliche Hand bei der Förderung des Gemeinwohls noch viel besser ergänzen.“

Ahlborn hat den Eindruck, dass Politik, Parlament und Ministerien aber nicht immer möchten, dass private Gelder benutzt werden, um bestimmte Dinge zu fördern. Der Staat entscheidet lieber selbst, wie Steuergelder zugunsten der Allgemeinheit verteilt werden. In anderen Ländern, insbesondere im skandinavischen Raum ist man da offener und erkennt den Beitrag, den private Stiftungen zur Diversität der Zivilgesellschaft beitragen.

Hintergrund

Hinter der im Dezember 2018 vom Justizministerium offiziell anerkannten OIKOPOLIS Foundation stehen Förderer der biologischen Landwirtschaft, darunter Mitglieder der Bio-BauereGenossenschaft Lëtzebuerg (BIOG) sowie einige Mitarbeitende der OIKOPOLIS-Betriebe. Die Stiftung ist zu 20 Prozent Eigentümerin der OIKOPOLIS Participations SA (OPSA), die Muttergesellschaft der OIKOPOLIS-Betriebe. Zu diesen gehören der Bio-Einzelhandel NATURATA mit aktuell zehn Läden, der Bio-Großhandel BIOGROS und die BIOG-Molkerei. Angefangen hat alles vor genau 30 Jahren mit Gründung der BIOG-Genossenschaft im Jahr 1989.

Gruppenfoto (v. l. n. r.): Nikolai Fuchs, Änder Schanck, Pierre Ahlborn, Marc Elvinger und Pit Reckinger

Fotos ©cAlzin

Artikel vom 18. April 2019, eine Pressemiteilung vom 10. April verwendend